Inklusion, so heißt es in der Sitzungsvorlage des Kreistags, bedeute »die selbstverständliche Zugehörigkeit aller Menschen zur Gesellschaft«. So »selbstverständlich« ist das aber nicht, Inklusion muss in der modernen Gesellschaft erst hergestellt werden. 2006 beschlossen die Vereinten Nationen (UN) eine Behindertenrechtskonvention; sie wird als »verbindliche Grundlage für das Handeln aller staatlichen Ebenen« verstanden.
Welche Schritte notwendig sind, um Inklusion zur Selbstverständlichkeit zu machen, wird in einem 50-seitigen Katalog aufgelistet. Die Maßnahmen reichen von der Kinder-Frühförderung über Kita-Bedarfsplanung und Fortbildungen zum Thema Inklusion, die Teilhabeassistenz sowie die behindertengerechte Einrichtung von Schulen und Kitas bis hin zur Gemeindepflege und zur Einrichtung inklusiver Arbeitsplätze. Was auf diesen und vielen weiteren Feldern getan werden muss, wird hier detailliert beschrieben.
Im Wetterauer Kreistag, der sich am Mittwoch abschließend mit dem Inklusionsplan beschäftigte, gab es viel Lob, aber auch kritische Stimmen.
Henrike Strauch (SPD) sagte, es gebe bereits viele Inklusionsprojekte im Kreis. »Wir brauchen aber mehr.« Mehr Wohnraum, Praktika und Arbeitsmöglichkeiten etwa. Der Aktionsplan sei »ein lebendiges Instrument, das weiterentwickelt wird«. Gelungen sei dies nicht zuletzt dank des strukturierten Zeitplans der Kreisbeigeordneten Marion Götz (SPD), hob nicht nur Strauch hervor.
Isil Yönter (Grüne) erinnerte daran, dass die UN-Behindertenkonvention in Deutschland bereits 2009 in Kraft trat. »Der Weg ist das Ziel«, kommentierte sie die lange Zeitspanne bis zur Verabschiedung des Plans im Wetteraukreis. Alle Eingabe zu dem Plan, die bislang nicht berücksichtigt wurden, gingen nicht verloren, blieben im »Themenspeicher«.
Viel Lob und eine Bestandsaufnahme
Andrea Rahn-Farr (FDP) sagte, noch sei der Katalog »etwas vage«. Die Liberalen erwarten »eine klare Priorisierung« und forderten eine Evaluation. »Das ist sehr gut geworden«, urteilte Dirk Vogel (FW). Andere Landkreise seien noch nicht so weit. »Wir sind beispielgebend, der Aktionsplan ist richtungsweisend.« Und es habe sich bei der Bestandsaufnahme gezeigt, dass der Wetteraukreis bereits viel für die Inklusion unternehme.
Auch die Linke stimmte dem Plan zu. Obgleich er, wie Gabi Faulhaber sagte, »auf die lange Bank geschoben« wurde. Seit 2013 sei daran gearbeitet worden. Auch Faulhaber kritisierte, dass es im Aktionsplan keine »Zeitleiste« gebe. Der Vermerk »fortlaufend« suggeriere, »dass alles schon gut ist, aber das ist es nicht«.
Spätestens diese Wortmeldung rief die Kreisbeigeordnete Marion Götz auf den Plan. Dass die Erläuterungen zur Umsetzung von Inklusionsmaßnahmen unklar seien, liege an der Sache. Es handele sich um einen fortlaufenden Prozess, wichtige bauliche Maßnahmen etwa müsse ohnehin der Kreistag beschließen. Ja, viele Maßnahmen seien als »fortlaufend« gekennzeichnet, ohne Zeitpunkt der »Fertigstellung«, die es bei zahlreichen Projekten gar nicht gebe. Eben weil es fortlaufende Projekte sind. »Der Plan dient der Sensibilisierung aller Beteiligten«, sagte Götz. Die Kreisverwaltung werde ihn noch in »Leichte Sprache« übersetzen lassen, um ihn allen Zielgruppen zugänglich zu machen.
Jährlich werde in den Ausschüssen über die Arbeit am und mit dem Plan berichtet, versprach Götz. Bei der Abstimmung zeigte sich eine große Mehrheit für den Aktionsplan; die laut Verfassungsschutz »gesichert rechtsextremistische« AfD und der fraktionslose Abgeordnete der rechtsextremen »Heimat« enthielten sich.