06. August 2018, 11:28 Uhr

Heißer Job

»Bademeister« haben auch bei Hitze alles im Blick

In einem Freibad in Solingen haben Jugendliche einen Schwimmmeister blutig geschlagen. Sind solche Sitten auch bei uns an der Tagesordnung? Die WZ hat im Usa-Wellenbad nachgefragt.
06. August 2018, 11:28 Uhr
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Von Jürgen Wagner
Nur fürs Foto wenden Sascha Rieck und Felix Wichmann den Blick kurz vom Beckenrand ab. Als Badeaufsicht im Schwimmbad benötigt man volle Konzentration und sollte sich auch von pöbelnden Jugendlichen nicht aus der Ruhe bringen lassen. (Foto: Nici Merz)

Hitze erhöht das Erregungsniveau. Das haben Forscher herausgefunden. Fragt sich nur, wie man damit umgeht. Manche flippen aus, dann gibt’s Ärger. Wie neulich im Usa-Wellenbad. »Wir warten draußen« und »Heute Abend gibt’s auf die Fresse« hätten die beiden Jugendlichen gedroht, die im Foyer auf einen Mitarbeiter warteten. »Es ging um einen Regelverstoß, die beiden mussten das Bad verlassen«, sagt Sascha Rieck, technischer Betriebsleiter des Usa-Wellenbades. Als die beiden durch die Glasscheibe das Zeichen »Kehle durchschneiden« machten, wurden sie des Gebäudes verwiesen.

Die hohen Temperaturen sorgen für einen Besucheransturm im Freibad. Täglich kommen bis zu 2800 Badegäste. Der Rekord aus anderen Jahren liegt bei 4500. »Wir liegen momentan deutlich überm Schnitt. Im letzten Sommer war es nur eine Woche lang heiß. Da kamen die Badegäste geballt. Jetzt verteilt sich das.« Am Ende dürfte ein neuer Dauerrekord stehen. Alleine im Juli wurden 40 500 Besucher gezählt. In den Julis der Vorjahren waren es zwischen 20 000 und 25 000.

Steigt mit der Hitze bei den jugendlichen Badegästen auch die Bereitschaft, über die Stränge zu schlagen? »Nein. Das geht bis zu Drohungen, aber nicht weiter«, sagt Rieck. Als Badeaufsicht müsse man stets einen kühlen Kopf bewahren, weiß Riecks Kollege Felix Wichmann. Die Trillerpfeife setze er nur selten ein. Wichmann spricht Badegäste lieber direkt an. »Dann sehen die ein, dass sie nicht vom Beckenrand springen oder mit der Zigarette am Beckenrand sitzen dürfen.«

Bei der Kleiderordnung in Schwimmbäder hat sich in den letzten Jahren etwas getan. Zum einen besuchen immer mehr weibliche Flüchtlinge die Schwimmbäder, sie tragen oft Ganzkörper-Badeanzüge, sogenannte Burkinis. Aber auch andere Badegäste tragen spezielle Shirts, um sich gegen Sonnenbrand zu schützen. Das ahmt manche(r) nach und geht im Baumwoll-T-Shirt ins Wasser. Wichmann und seine Kollegen müssen die Badenden dann aufklären, dass dies nicht erlaubt ist. »Das kostet einiges an Überzeugungskraft«, sagt Rieck. Zum handfesten Streit komme es selten. »Es war noch nie so, dass unsere Mitarbeiter einen Streit nicht lösen konnten. « Handele es sich um eine Straftat wie Diebstahl, werde ohnehin die Polizei hinzugezogen. »Mit Flüchtlingen haben wir aber nicht mehr und weniger Ärger als mit allen anderen Badegästen.«

Die Bademeister, die so zwar nicht heißen, aber von jedem sogenannt werden (siehe Kasten), müssen stets alles im Blick haben. Im Freibad des Usa-Wellenbades sind drei bis vier im Einsatz, sie verteilen sich über die Becken, helfen bei Wespenstichen oder verlorenen Autoschlüsseln und sind zur Stelle, wenn’s gefährlich wird. Trotz Hitze ist volle Konzentration gefragt.

Viele können nicht schwimmen

Viele Flüchtlinge können nicht schwimmen. Steigen sie ins Schwimmerbecken, drohen sie unterzugehen. So wie das 13-jährige Mädchen, das Wichmann neulich aus dem tiefen Wasser zog. Zwei weitere Rettungsaktionen gab es zuletzt am Nichtschwimmerbecken: Die Eltern waren abgelenkt, die Kleinkinder gerieten ins tiefere Wasser. Ein Sprung des Bademeisters erinnerte die Eltern daran, ihre Sprößlinge auch nicht einen Moment aus den Augen zu lassen.

Wichmann arbeitet seit elf Jahren im Usa-Wellenbad. Nur einmal hat er seither erlebt, dass Jugendliche über den Zaun stiegen, um sich den Eintrittspreis zu sparen. »Die wurden heimgeschickt, die Schwimmbad-Saison war für sie erledigt.« Neulich hat Wichmann Jugendlichen auf der Ruhewiese eine Wasserpfeife abgenommen, wegen Brandgefahr. »Momentan ist das gefährlich, sagt Wichmann, während er am Beckenrand vier Reagenzgläschen mit Wasser füllt, um später den Chlorgehalt festzustellen. Temperatur (27 Grad) und ph-Wert (6,7) sind in Ordnung. Dem Gras auf der Ruhewiese geht’s schlechter, trotz Bewässerung ist es gelb. Bis zum Abend wird die Wiese wieder »bunt«, aber das ist gar nicht schön: Dann hat sie sich in einen Müllplatz verwandelt. Ist der letzte Gast gegangen, haben Wichmann und seine Kollegen dann noch einiges zu tun.



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