29. Dezember 2017, 06:00 Uhr

Streifzug-Jahresrückblick

Streifzug-Jahresrückblick: Die Alte Post verfällt - und Gießen muss dabei zusehen

Die Alte Post ist in Gießen seit über einem Jahrzehnt ein Dauerthema. In diesem Jahr ging die Stadt gegenüber den Eigentümern auf Konfrontationskurs. Wir blicken auf die Entwicklungen in 2017 zurück.
29. Dezember 2017, 06:00 Uhr
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Von Burkhard Möller

Das Jahr 2017 geht seinem Ende entgegen. Auch in diesem Jahr gab es Triumphe, Tragödien, Unglaubliches und Unvergessliches. Der Streifzug blickt auf die Momente zurück, die das Jahr im Gießener Land prägten. Heute: Die Alte Post.

Das Jahr 2017 hat Spuren hinterlassen an der Alten Post. Seit Monaten steht ein Baugerüst mit Fußgängertunnel an der Vorderseite, und seit wenigen Tagen sind die drei auffälligen Giebel mit Stahlnetzen überspannt. Die Sicherungsarbeiten, die Anfang Dezember durchgeführt wurden, sind der vorläufige Höhepunkt der Auseinandersetzung zwischen der Eigentümer-Familie Shobeiri und der Stadt.

Nach jahrelangen Verhandlungen und vielen gescheiterten Versuchen, das unter Denkmalschutz stehende Gebäude im Einvernehmen mit den Eigentümern einer neuen Nutzung zuzuführen, geht der Magistrat Ende Juli auf Konfrontationskurs.


Zwangsmaßnahmen angekündigt

»Wir haben als Stadt ein hohes Interesse daran, dieses Kulturdenkmal zu erhalten«, sagt die für den Denkmalschutz zuständige Stadträtin Astrid Eibelshäuser am 28. Juli auf einer Pressekonferenz und kündigt Zwangsmaßnahmen an. Grundlage ist ein Gutachten mit einer »Bauzustandsanalyse der Alten Post und des ehemaligen Telegraphenamts in Gießen«. Das Gutachten kommt zum Ergebnis, dass Teilreparaturen nicht mehr ausreichen.

+++ Hier finden Sie alle bisher erschienenen Teile des Streifzug-Jahresrückblicks +++

Eine »ganzheitliche Instandsetzung« sei zwingend. Die 1863 fertiggestellte Post könne erhalten werden und weise noch nicht die Schäden auf, die zur Baufälligkeit und zum Abriss des Samen-Hahn-Hauses führten, das ebenfalls den Shobeiris gehörte.
 


Eibelshäuser betont: »Reichensand soll sich nicht wiederholen.«

Zwei Anordnungen werden von der Stadt erlassen und den Eigentümern zugestellt. Erstens muss die Fassade mit Drahtnetzen gesichert werden. Zweitens wird den Eigentümern in eine Liste mit 15 Sanierungsmaßnahmen zugestellt, deren Durchführung »unabdingbar« sei, um das Kulturdenkmal zu erhalten. Den Gesamtsanierungsaufwand schätzen die Gutachter auf fünf Millionen Euro. Davon entfallen 1,9 Millionen auf das marode Dach und die schwer angegriffene Sandsteinfassade.

 
Fotostrecke: 20 Jahre Verfall: Alte Post in Händen der Familie Shobeiri

Es wird jedoch bis zum Dezember dauern, ehe die Sicherungsmaßnahmen – von der Stadt auf Kosten der Eigentümer – durchgeführt werden und ihnen eine Sanierungsverfügung zugestellt wird. Dass das Ringen um die Alte Post im kommenden Jahr zunächst einmal vor den Verwaltungsgerichten weitergeht, gilt als wahrscheinlich.

Da bleibt der Bürgerinitiative »Rettet die Alte Post«, die aus einer Facebook-Gruppe hervorgeht und seit Monaten mit verschiedenen Aktion Druck auf die Eigentümer und die Stadt macht, wohl nur die Beobachterrolle. Burkhard Möller

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