Mit dem Karben Open-Air auf in den Festivalsommer!
Alles fing mit einem kleinen Verein an. Zwölf Jahre später ist daraus ein waschechtes Festival geworden. Das Karben-Open-Air hat sich in der Festivalszene längst etabliert – Dies ist seine Geschichte.
24. Juli 2018, 17:12 Uhr
Von Philipp Keßler
Beim Karben-Open-Air gibt es echte Festivalstimmung in der Wetterau. (Foto: Michael Hauler)
Zwölf Jahre gibt es das Karben-Open-Air schon, seit 2012 ist es dreitägig – statt wie ursprünglich nur eintägig. So wurde aus einem kleinen Musikfest eines noch kleineren Vereins ein großes Festival eines inzwischen stark gewachsenen Vereins – gefördert vom Land Hessen und weit über die Grenzen der Wetterau bekannt. Alle Infos zum dreitägigen Karben Open-Air gibt es hier.
Der KOA-Zeltplatz wird in diesem Jahr von 500 auf 650 Plätze erweitert und erstmals bereit...
Anika Heimann ist seit fünf Jahren im Team der Organisatoren und sitzt an einem Montagabend auf einer Festzeltgarnitur mit Laptop bewaffnet im idyllischen Garten der Kulturscheune Karben e. V. Doch so idyllisch ist es gerade nicht, denn wenige Wochen vor dem Festival vom 17. bis 19. August steigt die Anspannung – und die Arbeitsbelastung beim 25-köpfigen Organisationsteam. »Natürlich ist es stressig, aber wenn man dann am Freitagabend auf dem Festivalgelände steht, ist man auch stolz, dass man so etwas aufgebaut hat – und dass die Leute Spaß haben«, sagt sie. Immerhin bekommt sie von ihrem Arbeitgeber in Frankfurt, wo sie auch wohnt, acht Tage Sonderurlaub im Jahr für ihr Engagement. Doch damit ist es längst nicht getan, in der Hochphase wächst die Arbeitsbelastung neben dem Job auf rund 20 Stunden die Woche an. »Da telefoniert man jeden Tag mit ganz vielen Leuten wegen irgendwelchen Dingen«, sagt Heimann und lacht.
Karben Open-Air: Alles fing mit Elektropartys an
Sie ist gerne bereit, diese Arbeit auf sich zu nehmen, denn »es macht Spaß, viele sind untereinander befreundet und es ist eine Abwechslung zum Job – außerdem ist es am Ende auch eine riesige Bestätigung«. Einige Jugendliche aus Karben fingen vor rund eineinhalb Jahrzehnten mit der Jukuz-Partycrew an. Jukuz steht für das Jugendkulturzentrum Selzerbrunnenhof, auf dessen Gelände nicht nur die Kulturscheune angesiedelt ist, sondern auch das Karben-Open-Air stattfindet.
Die Arbeit macht Spaß, viele sind untereinander befreundet und es ist eine Abwechslung zum Job
Anika Heimann
Genau mit diesem stellten die Jugendlichen zunächst eigene Elektropartys auf die Beine. Anschließend gründeten zwölf Jugendliche den Verein »Kulturscheune Karben«, um mit ihrer eigenen Veranstaltungsreihe »KSK live« an den Start zu gehen. So entstand das Karben-Open-Air. Heute hat der Verein über 70 Mitglieder, zu dem Orga-Team gesellen sich rund 140 Helfer rund um das Festival. »Es ist gut, dass wir einen größeren Pool an Leuten haben, aus dem wir schöpfen können. Bei uns gibt es in verschiedensten Bereichen was zu tun. Da kann sich jeder einbringen«, sagt Heimann.
Karben Open-Air: 3000 Gäste im vergangenen Jahr waren Rekord
Es geht darum, Bands zu buchen, das Design zu entwickeln, die Technik zu organisieren, alles mit den Behörden abzustimmen, die Sponsoren zu akquirieren, die Lieferanten zu briefen und die Werbung und das Marketing zu konzipieren und anzuleiern. Damit das alles reibungslos klappt, gibt es jeweils einen Bereichsleiter, der die Helfer organisiert. So lasse sich auch am besten Nachwuchs akquirieren, denn erfahrungsgemäß würden die Vereinsmitglieder spätestens mit Mitte 30 kürzertreten.
Ein Teil des Organisationsteams des Karben-Open-Air. (Foto: privat)
Das ist nur allzu verständlich, denn die Ehrenamtlichen stellen ein Festival auf die Beine, an das sich sonst nur echte Profis ranwagen würden. Bereits im vergangenen Jahr waren am Samstag 1300 Besucher auf dem Gelände – 1500 ist das Maximum. Insgesamt kamen an drei Tagen über 3000 Gäste – Rekord! Diese Schallmauer soll auch in diesem Jahr wieder durchbrochen werden. Damit das wirklich so kommt, haben sich die Veranstalter um Anika Heimann gleich mehrere Neuheiten einfallen lassen: Zum einen wird der Campingplatz zum ersten Mal bereits am Donnerstagabend um 18 Uhr geöffnet. »Das ist bei anderen großen Festivals auch so. Für uns ist es natürlich ein gewisser Aufwand, aber wir haben ja mittlerweile auch schon Routine«, sagt Heimann.
Karben Open-Air: Hessen-Caipi und Co. als Specials
Auch wurde der Zeltplatz, der im vergangenen Sommer 500 Besucher beherbergte, um weitere 150 Plätze erweitert. Doch bereits zehn Wochen vor dem Festivalstart waren in diesem Jahr über 50 Prozent ausgebucht. Das hat seine Gründe, denn den Campern wird mit der »Camping Stage« nicht nur eine eigene Bühne geboten, auf der Bands Freitag und Samstag nach dem Ende der Show sowie am Samstag vor dem offiziellen Öffnen des Festivalgeländes zusätzlich spielen, es gibt darüber hinaus einen eigenen Getränkestand mit Longdrinks – auf dem Festivalgelände gibt es normalerweise nur Bier und Apfelwein – sowie ein Flunkyballturnier und einen Stand der Apfelweinkönige von »Born in the Wetterau«, die ihren berühmten Hessen-Caipi mixen. Generell läuft der Kartenvorverkauf bislang gut. Zehn Wochen vor Beginn waren bereits so viele Karten abgesetzt worden wie im vergangenen Jahr erst fünf Tage vorher.
Durch die große Bandbreite an Bands kommen einfach viele unterschiedliche Leute
Anika Heimann
Doch auch wenn das KOA – so die Abkürzung für das Karben-Open-Air – jedes Jahr weiter wächst, sind aufgrund der Lage und des Geländes natürliche Grenzen gesetzt. Zwar könne man an der einen oder anderen Stellschraube noch etwas drehen, sagt Heimann, aber insgesamt solle die Größe erhalten bleiben. »Wir werden immer für unsere familiäre Atmosphäre gelobt, diese wollen wir auch erhalten. Und wir wollen auf unserem Gelände bleiben«, sagt sie.
Karben Open-Air: Familie Atmosphäre soll erhalten bleiben
Diese familiäre Atmosphäre spiegelt sich schon alleine darin wieder, dass es viele »Wiederholungstäter« unter den KOA-Besuchern gibt. So kämen etwa jedes Jahr Gruppen aus dem Ruhrgebiet, aus Hamburg und sogar aus der Schweiz in den Süden der Wetterau. »Man kennt sich schon und gerade die Schweizer fallen auch wirklich auf«, sagt Heimann und lacht.
Heimann und ihre Mitstreiter pflegen auch gute Kontakte zur »Konkurrenz«. Denn sowohl beim Southside Festival in Neuhausen ob Eck in Baden-Württemberg, als auch beim Open-Flair in Eschwege in Nordhessen oder beim Trebur-Open-Air ist immer eine Gruppe aus Karben mit dabei – um sich Bands anzuschauen, sich mit den Organisatoren über die neusten Trends in der Szene und in Sachen Tops und Flops auszutauschen und natürlich um Werbung für das Karbener Festival zu machen. »Das ist mittlerweile wie eine kleine Familie. Und bei diesen Festivals hat man auch wenigstens mal etwas Zeit, sich wirklich Bands anzuschauen«, sagt Heimann.
Karben Open-Air: Große Bandbreite an Bands ist gewünscht
Genau um die geht es natürlich auch in Karben Mitte August. Mit der Ska-Band Sondaschule, der Punkrockgruppe ZSK, der aus den Charts bekannten Band Jupiter Jones, dem ehemaligen Aggro-Berlin-Hip-Hopper B-Tight, der mit individuellen Künstlern besetzten Combo Monsters of Liedermaching und dem Karbener Dauerbrenner Elfmorgen hat das Team auch deutschlandweit bekannte Größen auf das KOA gelockt. Dazu kommen jede Menge Nachwuchsbands und Crews aus der Region, die die Bühne für sich nutzen wollen. Insgesamt werden an den drei Tragen 36 verschiedene Bands und Künstler auftreten, darunter auch die Karbener Stadtkapelle, die traditionell am Familiensonntag mit aktuellen Hits gegen das Image ankämpft, eine Blaskapelle sei ein verstaubter Haufen.
Das offizielle Plakat des Karben Open-Air 2018. (Foto: pv)
Die große Bandbreite bei den Künstlern ist von den Veranstaltern gewollt, denn »so kommen einfach viele unterschiedliche Leute«, sagt Heimann. Für das leibliche Wohl sorgt einerseits das Kulturscheunenteam in Sachen Getränken, andererseits drei Foodtrucks mit Waffeln, Burgern und veganen Gerichten. Essen selbst anbieten geht nicht noch, erklärt Heimann, denn alleine das Catering für das Team, die Bands und die Organisatoren – pro Tag etwa 250 Personen – binde enorm viele Kräfte.
Karben Open-Air: Zusammenarbeit mit Karbener Unternehmen "Satis&Fy" als Erfolgsgeschichte
Einer der wichtigsten Parts für die Organisatoren ist das Thema Sicherheit. Deshalb stehe man bereits im Vorfeld mit Polizei, Ordnungsamt und Rettungskräften in engem Austausch, zudem sorgt ein privater Sicherheitsdienst für den reibungslosen Ablauf am Einlass und rund um die Bühnen. »Wir bekommen immer Lob für unser Konzept, aber wir sind damit auch immer sehr frühzeitig«, sagt Heimann. Der Lohn: In all den Jahren gab es bis auf kleinere Blessuren oder das eine oder andere Bier zu viel keine größeren Zwischenfälle
Nach dem Abbau will man nur im eigenen Bett schlafen
Anika Heimann
Ebenfalls eine Erfolgsgeschichte ist die Zusammenarbeit mit der Karbener Firma »Satis & Fy«, die für die Technik zuständig ist. Nicht wenige Helfer des KOA sind dort als Festangestellte beschäftigt und bringen das entsprechende Know-hows bereits mit. Dazukommt, dass die Firma, die sonst unter anderem bei Rock am Ring aktiv ist, ihre Auszubildenden mitsamt einem Teamleiter zum KOA schickt, um diese auf Herz und Nieren zu prüfen. »Einige der Azubis bleiben später als Helfer oder sogar als Vereinsmitglieder. Im vergangenen Jahr waren über 30 Bühnenarbeiter, Licht- und Tontechniker mit dabei«, erzählt Heimann.
Karben Open-Air: Camping und Arbeit für die Helfer
Das Karben Open-Air sorgt für echtes Festivalfeeling in der Wetterau. (Foto: André Wißner)
Neben »Satis & Fy«, »Born in the Wetterau« sowie dem Land Hessen und dem Wetteraukreis hat das Festival natürlich auch weitere Partner und Sponsoren, um die Ausgaben für Technik, Security, die Bands und das Catering zu stemmen. Außerdem gebe es in jedem Jahr zunächst einmal viel zu investieren, ehe die dreitägige Veranstaltung überhaupt steigen könne. »Das sind schon große Summen, mit denen wir hier als Ehrenamtliche hantieren, und gerade die Sache mit den Steuern ist sehr kompliziert, denn als gemeinnütziger Verein dürfen wir auch nicht zu viele Rücklagen bilden«, sagt Heimann. Aus diesem Grund hat ein befreundeter Steuerberater die Sache in die Hand genommen. Wenn es zu viele Rücklagen gibt, muss eben investiert werden, so wie in diesem Jahr in neue Zelte.
Rund um das Festival heißt es dann für die KOA-Crew: tagelanges Camping auf dem Festivalgelände. Denn bereits eine Woche vorher beginnt der Aufbau, ehe am Freitag der Startschuss erfolgt. Nach dem Ende des letzten Auftritts am Sonntag heißt es bereits mit dem Abbau zu beginnen. »Danach will man nur im eigenen Bett schlafen«, sagt Heimann und lacht. Vier Wochen später gibt es dann die große Helferparty, die den offiziellen Abschluss des Festivals markiert. Direkt im Anschluss geht es mit der Planung für das kommende Jahr weiter.