. Gewöhnliches Wasser, diese ganz alltägliche Substanz, die der Mensch täglich beim Kochen, Zähneputzen oder Wäschewaschen verwendet, ist alles andere als gewöhnlicher Stoff. Es weist eine Reihe von Eigenschaften auf, die es zu einer bemerkenswerten Ausnahme von einigen naturwissenschaftlichen Gesetzen macht. Beim Verein »Frau und Kultur« ging der pensionierte Physik- und Mathematiklehrer, Friedrich W. Volck, in seinem kurzweiligen Vortrag »Wasser ist ein ganz besondrer Saft« auf diese Besonderheiten ein.
Vielen dürfte der Satz »Wasser ist ein ganz besondrer Saft« ein Begriff sein, allerdings in leicht abgewandelter Form. Denn Mephisto sprach in Goethes »Faust« nicht vom Wasser, sondern vom Blut. »Da aber auch Blut zu 90 Prozent aus Wasser besteht, kann man es auch so formulieren«, erklärte Volck den Interessierten im Netanya-Saal. Und was ist nun so besonders an Dihydrogenmonoxid - so die chemisch korrekte, aber ausschließlich für ironische Zwecke genutzte Bezeichnung. »Zunächst einmal ist es einzigartig, da es auf der Erde in allen drei Aggregatszuständen vorkommt: Flüssig, fest, sowie gasförmig, was für das Leben auf der Erde von immenser Bedeutung ist. Ohne Wasser kein Leben.«
Zudem sind die Wasserstoff- und Sauerstoffatome in einer bestimmten Anordnung aufgebaut und bilden ein Tetraeder, so dass alle Winkel exakt 105 Grad aufweisen. Diese Struktur ermöglicht es dem Wasser, eine sehr gute Bindung durch sogenannte Wasserstoffbrückenbindungen herzustellen. Diese sechseckige Symmetrie der Wasserkristalle macht auch Eiskristalle möglich.
»Schneekristalle sind die Hieroglyphen, gesandt vom Himmel.« Das sagte einst Nakaya Ukichiro, ein japanischer Physiker. Ihm wird auch die Herstellung der ersten künstlichen Schneeflocke zugeschrieben. Auch der US-amerikanische Farmer und Fotograf Wilson Bentley hatte eine Leidenschaft für die filligranen Schneekristalle. Sein 1931 veröffentlichtes Buch »Snow Crystals« enthält mehr als 2400 verschiedene Schneeflocken - mit einzigartigen Mustern.
Eine weitere Eigenart von H2O: Eis schwimmt auf Wasser, denn es hat eine geringere Dichte als dieses. »Es sind zwar nur ein Prozent Unterschied, aber genau die machen es aus. Sonst würden die Ozeane von unten durchfrieren und im Sommer nie ganz auftauen - eine wichtige Konsequenz für das Leben«, so der ehemalige Gymnasiallehrer. Ebenfalls exklusiv: Die größte Dichte (Dichte = gleiche Masse bei kleinerem Volumen) hat Wasser nicht beim Gefrierpunkt, sondern wenn das Thermometer vier Grad Celsius anzeigt.
Und warum besteht Blut eigentlich zu 90 Prozent aus Wasser? »Es ist ein hervorragendes Lösungsmittel, da kann alles wunderbar drin schwimmen und sich ergänzen«, bekräftigte Volck. Auch bei Begriffen wie Wärmekapazität, Schmelzwärme oder Verdunstungswärme trumpft der Stoff groß auf. »Sie finden kein Element, dass in diesen drei Bereichen so hohe Werte hat.«
Die Wärmekapazität spielt auch im Wetterkreislauf eine entscheidende Rolle. Wärmekapazität heißt: Wie viel Energie muss ich aufwenden, um Wasser zu erwärmen? Tagsüber heizt das Land schneller auf als Wasser. Demzufolge steigt warme Luft auf, die zu Wolkenbildung führt. Der Wind kommt dabei vom Meer, der sogenannte »Ziehwind«. Nachts ist das ganze dann umgekehrt. Der aufgeheizte Boden strahlt Wärme ab, die Temperaturen sinken dort schneller. Jetzt ist es am Wasser wärmer, da es die Wärme besser speichert, was den »Landwind« zur Folge hat. »Deshalb ist es auch ein gutes Kühlmittel. Es ist mehr Energie im Wasser vorhanden, die genutzt werden kann«, so der Physiker.
Zum Schluss gab es noch ein paar nicht ganz ernst gemeinte Hinweise. Das die chemische Bezeichnung für Wasser Dihydrogenmonoxid lautet, wissen nicht viele. Das machten sich amerikanische Studenten der Stanford Universität zunutze und verteilten Flugblätter über dieses »gefährliche« Molekül. Darauf etwa zu lesen: Dihydrogenmonoxid macht elektronische Anlagen kaputt oder bewirkt schwere Gewebeschäden bei längerem Kontakt in festem Zustand. »Mein Favorit: Bei Süchtigen führt der Entzug innerhalb von 168 Stunden zum sicheren Tod. Und keine Institution oder Regierung setzt sich dafür ein, dass dieses gefährliche Molekül verboten wird«, schmunzelte Volck abschließend.