Kurz, kompakt, klar und eindringlich: Nach einer guten Dreiviertelstunde war die Kundgebung unter dem Motto »Gesicht gegen Rechts« auf dem Platz vor dem Wölfersheimer Rathaus am Sonntagvormittag beendet. Bis dahin waren sechs Rednerinnen und Redner »Auf der Brück« zu Wort gekommen - und Bettina Skottke und Stefan Bodem von der Band »Manhattan Affair« hatten mit Songs wie »Freiheit« von Marius Müller-Westernhagen und »What a wonderful world« sowie einer gesprochenen Rezitation der Nationalhymne tiefen Eindruck hinterlassen.
Demokratie wertschätzen
Der Einladung der Gemeinde mit allen Fraktionen der Gemeindevertreterversammlung, der Kirchen und des Bündnisses BuntErleben waren rund 500 bis 600 Menschen aller Generationen gefolgt. »Ich habe eigens im Rathaus aus einem der oberen Fenster geschaut, um die Zahl überblicken zu können«, sagte Gerhard Weber (SPD) als Vorsitzender der Gemeindevertreterversammlung am Rande der Veranstaltung. »Sehr erfreut bin ich, hier etliche Besucher zu sehen, von denen ich eine Teilnahme nicht unbedingt erwartet hätte.«
Das Bedürfnis, die Demokratie wertzuschätzen und gegen Extremismus jeder Art zu verteidigen, eint Menschen aktuell über Parteigrenzen und persönliche Differenzen hinweg. Das war der beherrschende Eindruck aus den sieben bewusst kurz und prägnant gehaltenen Reden - so auch das Grundgefühl in Reihen der Zuhörerinnen und Zuhörer der Kundgebung.
Zur Begrüßung betonte Gerhard Weber, Gleichgültigkeit, Schweigen und Stillhalten wie in den Jahren vor und während der nationalsozialistischen Diktatur dürften sich auf keinen Fall wiederholen. Er zitierte Pastor Martin Niemöllers bekanntes Gedicht »Als die Nazis die Kommunisten holten«, um zu verdeutlichen, dass einem grausamen Regime der Ausgrenzung und Unterdrückung letztlich niemand entkommen könne.
Eindrücklich war auch der Bericht von Bürgermeister Eike See (SPD) über den Besuch bei zwei hochbetagten, politisch hoch interessierten Geburtstagsjubilaren der Gemeinde, 90 und 103 Jahre alt. Sie hätten ihn in Erinnerung an die Schrecken und die Verluste ihrer Kindheit regelrecht angefleht, den Rechtsruck im Lande nicht hinzunehmen und gemeinsam mit allen Demokraten aufzustehen. »Nie mehr ist jetzt. Wir sind mehr, wir sind laut, wir lassen uns von diesem braunen Pack nicht einschüchtern.« Mt diesen deutlichen Worten leistete See dem Appell der beiden Jubilare Folge.
Für den Förderverein Wölfersheimer Schulen mit seinen knapp 600 Mitgliedern mahnte dessen Vize-Vorsitzender Patrick Eulenkamp einen offenen, respektvollen Diskurs in der Gesellschaft an, der sich auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit und des Grundgesetzes bewege und Extremismus jeglicher Art, auch von links, deutlich ablehne. »Erich Kästner, dessen Bücher die Nazis verbrannten, hat einmal gesagt: ›Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf‹«, zitierte Eulenkamp den bekannten Autor.
Für die Kirchen ging Pfarrerin Martina Belzer auf die Wurzeln der vielfach auch von Rechts hervorgehobenen Werte des christlichen Abendlandes ein: »Jesus war Jude, und das Symbol seines Kreuzes verbindet in der Längsachse Himmel und Erde, in der Querachse die Menschen untereinander. Haken haben daran definitiv nicht zu suchen«, so die Theologin.
Für friedliche Zukunft der Enkel
Im Auftrag der »Omas gegen Rechts« forderte Corinna Gutting den entschiedenen Kampf für eine lebenswerte, friedliche Zukunft der Enkel, während Burkhard Käs (FWG) im Namen aller Fraktionen die Wetterau als historisch immer schon offenes, buntes und vielfältiges Gebiet von Ein-, Aus- und Durchwanderung charakterisierte. »Asylrecht ist Menschenrecht, daran darf nicht gerüttelt werden«, so Käs, der sich zusätzlich für eine geordnete Einwanderung, gegen Schleuserbanden und Schlepper sowie für eine aufnahmefreundliche Wirtschaft positionierte, die ohne Zuwanderung längst nicht mehr denkbar sei. Abschließend sprachen Kathrin Kötter und Anne Küchenmeister für den Partnerschaftsverein und seine weltoffene Beziehungen in das slowakische Rabca sowie L’Isle sur le Doubs in Frankreich.
Alle Rednerinnen und Redner unterstrichen die Wichtigkeit, den eigenen pro-demokratischen und anti-rassistischen Standpunkt nicht nur auf öffentlichen Kundgebungen, sondern auch auf Social Media und WhatsApp, in der Familie, in Schule und Büro zu vertreten.