23. Februar 2025, 17:19 Uhr

Bühne FILMMUSIK FÜR PUBLIKUM AB ACHT JAHRE

Drei jüdische Komponisten im Gießener Stadttheater

Das Philharmonische Orchester sorgt mit weitgehend unbekannten Werken für einen großen Konzertabend.
23. Februar 2025, 17:19 Uhr
TSA
Ein jederzeit souveränes Dirigat: Der stellvertretende Generalmusikdirektor Vladimir Yaskorski. Foto: Schittko

. Schulhoff, Schnittke, Schreker - im Sinfoniekonzert am Freitagabend im Stadttheater standen die Werke dreier jüdischer Komponisten auf dem Programm, deren Schicksal und Schaffen eng mit den politischen Verhältnissen ihrer Zeit verwoben waren.

Den meisten Zuhörern waren die Stücke zuvor zwar unbekannt, doch die folgenden zwei Stunden erwiesen sich für sie keineswegs als eine trockene musikalische Geschichtslektion. Unter dem einfühlsamen, jederzeit souveränen Dirigat des stellvertretenden Generalmusikdirektors Vladimir Yaskorski blühte das Philharmonische Orchester Gießen auf und zeigte eindrucksvoll, was in ihm steckt. Neben einer allgemeinen Spielfreude gab es viele solistische Darbietungen aus den Reihen des Orchesters zu bewundern. Und so unterschiedlich die drei Werke waren, so stieß doch jedes einzelne für sich das Tor zu überraschenden Klangwelten auf. Am Ende großer Applaus für einen großen Konzertabend.

Ein Tänzer aus Leidenschaft

Erwin Schulhoff (1894-1942), dessen Musik von den Nazis als »entartet« diffamiert wurde, war ein leidenschaftlicher Tänzer. Die synkopierte Rhythmik und raffinierte Harmonik des Jazz sowie das Flair der modernen Tänze seiner Zeit sind auch in seine Kompositionen eingeflossen. Daneben finden sich expressionistische und avantgardistische Elemente sowie Anklänge an Schönberg und Strawinsky. Doch bei alldem blieb er immer ein experimentierfreudiger, eigenschöpferischer Musiker.

Davon zeugt sein Doppelkonzert für Flöte, Klavier und Orchester von 1927, das Yaskorski und seine Musiker mit sehr viel Schwung servierten und in dem der aus Russland stammende Flötist Grigory Mordashov und der Armenier Grigor Asmaryan (Klavier) als Solisten eindrucksvoll unter Beweis stellten, was für ein gut aufeinander eingespieltes Team sie sind. Das begleitende Orchester war in diesem Fall lediglich mit Streichern und zwei Hörnern besetzt, so dass das Solisten-Duo reichlich Gelegenheit hatte, sich auf Grundlage eines warmen, weichen Streicherteppichs virtuos zu entfalten. Mordashov absolvierte seinen anspruchsvollen und durchaus fordernden Part mit Bravour, ließ die hellen Silbertöne in einem oft rasanten Tempo aufblitzen, und Asmaryan huschte im Stil eines Jazzpianisten über die Tasten. So bestimmten sie das Spiel weitgehend mit gefühlvoll-melodischen, ineinanderfließenden Floskeln und schufen in Momenten des Innehaltens eine fast stille, beschauliche Atmosphäre mit hingehauchten Tönen.

Als einen Meister der Instrumentation und wahren Klangzauberer lernte das Publikum den wolgadeutschen Komponisten Alfred Schnittke (1934-1998) in seiner Gogol-Suite aus dem Jahre 1980 kennen. Hier war einer am Werk, der die Klang- und Ausdrucksmöglichkeiten eines großen Orchesters bis auf letzte auszureizen verstand. Yaskorski und das Orchester nutzten diese Gelegenheit nur zu gerne zu einem bunten Spektakel mit faszinierenden Klangwirkungen.

Dabei kam Schnittkes schier unerschöpflicher Sinn für musikalischen Witz zum Vorschein, etwa als Beethovens Fünfte in schrillen Akkorden anklang oder als Haydn für Gogols Roman »Die toten Seelen« herhalten musste.

Cembalo, Celesta und Röhrenglocken

Hier eine Prise Mozart, da ein paar Walzertakte von Schostakowitsch. Doch was das Ganze so spannend machte, waren die oft ungewöhnlichen Kombinationen der Instrumente und die damit einhergehenden eindringlichen Klangerlebnisse. Cembalo und Celesta, Röhrenglocken, Gong und Pauke, dazu etliche Soloinstrumente - man konnte (und wollte) sich gar nicht satthören.

Zum Abschluss dann die Musik zur Pantomime »Der Geburtstag der Infantin« aus dem Jahre 1908 von Franz Schreker (1878-1934). Das farbenreich-glühende Werk nach einer Erzählung von Oscar Wilde markierte Schrekers Durchbruch als Komponist und schildert die Tragödie eines Zwergs, der der Prinzessin am spanischen Hof als Spielzeug geschenkt wird. Er ist sich seiner Hässlichkeit nicht bewusst und merkt nicht, dass die Infantin nur mit ihm spielt. Erst ein Spiegel enthüllt ihm sein wahres Aussehen - da stirbt er an gebrochenem Herzen.

Ähnlich wie Schnittke schöpfte auch Schreker die Möglichkeiten des Klangapparats meisterhaft aus. So breitete das Orchester die spätromantisch schwelgerischen Klänge genüsslich aus, wobei der Dirigent ruhig dem Erzählstrom der Musik folgte und die funkelnde, vielschichtige Partitur kräftig zum Leuchten brachte.

Große und kleine Fans der Reihe rund um Zauberschüler Harry Potter wissen, dass vom Gleis 9 ¾ des Londoner Bahnhofs King’s Cross der legendäre Hogwarts Express abfährt. Am Freitag, 28. Februar, um 10.30 Uhr startet die musikalische Reise erstmals im Stadttheater Gießen und entführt das Publikum in die Welt der Filmmusik von »Harry Potter«, »Star Wars« und Co. Beim Konzert für junges Publikum ab acht Jahre stehen die Melodien großer Blockbuster auf dem Programm.

Das Philharmonische Orchester Gießen unter der Leitung von Vladimir Yaskorski erweckt Filmmusik in großer Orchesterbesetzung zum Leben. Darunter sind die Kompositionen von John Williams aus den »Harry Potter«-Filmen wie aus der »Star Wars«-Reihe sowie Musik aus dem Disney- Klassiker »Der König der Löwen«. In der Moderation Yaskorskis erfährt das Publikum zudem manch Unterhaltsames aus der Trickkiste der Filmmusik.

Weitere Konzerttermine gibt es am Sonntag, 2. März, um 17 Uhr sowie am Donnerstag, 26.

Juni. Karten kosten 7 Euro für Kinder; für Erwachsene ab 7,50 Euro. Tickets und Infos unter www.stadttheater-giessen.de.



0
Kommentare | Kommentieren

Bilder und Videos

  • Fassenachtszug in Giessen

  • Polizeirazzia im Frankfurter Bahnhofsviertel