25. Februar 2024, 19:19 Uhr

Piñatas

Elba Heidenreich macht mexikanische Tradition im Kreis Gießen bekannt

Sie sind bunt, innen hohl und stecken voller Süßigkeiten: Die Rede ist von Piñatas. Die gebürtige Mexikanerin Elba Heidenreich fertigt sie in Heuchelheim seit fast 20 Jahren für Kindergeburtstage, Firmenfeiern und Hochzeiten an.
25. Februar 2024, 19:19 Uhr
LEA
Elba Heidenreich fertigt eine Piñata in Fußball-Trikot-Form. FOTO: LEA

Öffnet man die Tür zu Elba Heidenreichs Werkstatt in Heuchelheim, fallen einem verschiedene Figuren aus Pappmaschee ins Auge: Auf dem Tisch steht die rothaarige Meerjungfrau Arielle, neben ihr auf einem Fensterbrett ein weißes Einhorn mit lila Mähne. Der Tiger auf den Kisten und Super Mario hingegen sind bisher noch farblos und nur über ihre Form erkennbar. Trotz der unterschiedlichen Gestalt haben sie alle eins gemeinsam: Sie sind Piñatas.

Die kunterbunten Pappmascheefiguren kommen ursprünglich aus Mexiko. Jede von ihnen ist mit Süßigkeiten befüllbar. So ist sie bestens vorbereitet für ihren Einsatz bei Festen, wo sie an einem Seil aufgehängt wird und die Mitspieler mit verbundenen Augen versuchen, sie mit einem Stock zu zerschlagen.

»Heute wissen schon Kindergartenkinder, was eine Piñata ist. Ich bin glücklich, dass die Tradition aus meiner Heimat nun auch in Deutschland bekannt ist«, sagt Heidenreich. Das war nicht immer so. Als Heidenreich vor fast 20 Jahren von Mexiko nach Deutschland kam und hier ihre ersten Piñatas zum Geburtstag ihrer Tochter bastelte, wurde sie immer wieder von Eltern angesprochen, deren Kinder auf der Feier waren und sich nun eine eigene Piñata wünschten.

So begann Heidenreich, auch für andere zu basteln. Erst verschenkte sie die Piñatas, dann wurden die Anfragen so zahlreich, dass sie diese seit 2007 zum Kauf anbietet. Mittlerweile bekommt sie zwischen drei bis fünf Anfragen in den Wintermonaten, im Sommer sind es mit zehn bis fünfzehn deutlich mehr. Bei den Mädchen stehen Prinzessinnen, Einhörner und Pferde hoch im Kurs, bei den Jungs sind Dinos, Superhelden und Fußball am beliebtesten. »Manchmal wollen die Kinder sie gar nicht kaputtmachen, wenn sie sie sehen«, sagt die 50-Jährige.

Für das Herstellen einer Piñata benötigt Heidenreich, die hauptberuflich an einer Gesamtschule Spa nisch unterrichtet, insgesamt drei bis vier Stunden. Für die Grundform der Figuren recycelt sie Kartons aus der Post oder von Verpackungen. »Alle meine Piñatas werden ohne Draht und Heftklammern hergestellt«, betont Heidenreich. Im Unterschied zu manchen maschinell gefertigten Exemplaren besteht also keine Verletzungsgefahr. Als nächster Schritt kommt der engrudo , der Kleister aus Mehl und heißem Wasser, zum Einsatz, und mit mehreren Lagen Zeitungspapier wird der Körper in Form gebracht und auf die Bemalung und Dekoration vorbereitet. In den Wintermonaten muss Heidenreich dann erst einmal drei Tage warten, bis der Kleister getrocknet ist, im Sommer geht es deutlich schneller. Dann wird mit Krepp- und Seidenpapier, das Heidenreich extra aus Mexiko mitbringt, dekoriert. »Jede Piñata ist individuell«, unterstreicht sie. Und so gibt es von ihr angefertigte Dinos und Ponys, Hochzeitspaare, Bierkrüge, Delfine, Piraten und Frida Kahlos. Sie werden zu Geburtstagen, Geburten, Hochzeiten, Firmenfeiern oder Weihnachten bestellt.

Ein besonderer Trend sei in der Corona-Pandemie aufgekommen: Plötzlich hätten alle Piñatas in Virusform bestellt. Auch sie stellte Heidenreich in unterschiedlichen Varianten her: mal mit Krone, mal mit Milchflasche zu einer Geburt, meist mit Maske. Neben den Piñatas selbst bietet Heidenreich auch Workshops an, in denen man die gefüllten Pappmascheefiguren selbst herstellen kann.

Der Brauch rund um die Piñatas stamme von den Majas, erklärt Heidenreich. Ihr Zerschlagen stand ursprünglich für eine rituelle Reinigung. Und so finden sich auch im heutigen Spiel noch Elemente mit Symbolcharakter: Der Stock steht für Kraft, die Augenbinde für den Glauben. Auch der siebenzackige Stern, der traditionell in Mexiko an Weihnachten eingesetzt wird, ist symbolträchtig: Die Zacken stehen für die sieben Todsünden Zorn, Trägheit, Hochmut, Wollust, Habgier, Neid und Völlerei. Apropos Völlerei: In eine Piñata Heidenreichs passen bis zu vier Kilogramm Süßigkeiten.



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