Stefanie Heinzmann kommt am 12. August nach Friedberg. Die Schweizerin ist trotz ihrer erst 28 Jahre schon ein alter Hase - wohl auch weil sie Gelassenheit schmerzlich erlernen musste.
24. Juli 2017, 17:29 Uhr
Jutta Himmighofen-Strack
Stefanie Heinzmann kommt am 12. August auf den Friedberger Kreisstadtsommer. (Foto: Sebastian Magnani)
Stefanie Heinzmann ist gerade mal 28 Jahre alt und doch schon in der Branche als Soulröhre geadelt. Wer sich davon überzeugen will, sollte am 12. August ins Friedberger Zirkuszelt kommen, wenn die Schweizerin aus dem Kanton Wallis mit ihrer Band im Rahmen ihrer Tour in der Wetterau Halt macht. Im Streifzug-Interview verrät sie vorab, warum ihr viertes Album das bisher Beste ist, weshalb ihre neue Gelassenheit ihrer Stimme gut tut, und woher ihr Faible für Tattoos kommt.
Frau Heinzmann, Sie haben mit 19 Jahren Ihr erstes Album aufgenommen, mit 28 Jahren sind es inzwischen vier. Wie bewerten Sie Ihre musikalische und persönliche Entwicklung nach fast zehn Jahren MusikBusiness?
Stark und verletzlich: Stefanie Heinzmann. (Foto: Sebastian Magnani)
Stefanie Heinzmann: Da gibt es auf jeden Fall eine sehr große Entwicklung in beiden Bereichen. Mit 18 Jahren war ich sehr unsicher. Ich hatte gerade diese Stefan Raab-Show gewonnen, was für mich völlig überraschend war. Ich war sicherlich auch überfordert und plötzlich ging alles sehr schnell. Zwei Monate später war mein erstes Album fertig und ich war nur noch unterwegs, was ich aber sehr genossen habe. Schnell kam dann auch das Anschluss-Album und erst bei meinem dritten Album konnte ich mir zum ersten Mal etwas mehr Zeit lassen. Doch erst jetzt bei meinem aktuellen Album hatten wir wirklich richtig viel Zeit und ich war viel offener und selbstbewusster, auch andere Stilrichtungen auszuprobieren. Ich glaube, das zeigt ganz gut auch meine persönliche Entwicklung. Ich habe viel gelernt, weiß was ich will und bin unendlich dankbar. Kurz gesagt: Ich bin in meinem Job angekommen.
Ich war in den ersten Jahren sehr unsicher, immer besorgt, ob meine Stimme das schafft. Gerade diese andauernde Anspannung war das Problem
Stefanie Heinzmann
Für Ihr letztes Album haben Sie sich unter anderem mit Singer-Songwritern in Nashville, Los Angeles und London getroffen. Welche Idee stand dahinter?
Heinzmann: Ich war neugierig. Ich wollte mich einfach mehr in das Songwriting einbringen, was ich bisher so nicht getan hatte. Ich wollte wissen, wie klingt das in L.A., wie in Holland, Berlin oder London. Für mich war das eine wahnsinnig spannende Zeit, weil es so große Unterschiede gibt und ich über das Ausprobieren viel klarer sehen konnte, was mir gefällt und was ich machen möchte.
Welche Stadt oder welche Songwriter haben Sie am meisten inspiriert? Mit welchen Songschreibern stimmte die Chemie auf Anhieb?
Heinzmann: Man muss sich vorstellen, dass das alles unglaublich schnell geht. Man kommt in einen Raum, trifft auf Menschen, die man noch nie zuvor gesehen hat und spürt dann sehr schnell, ob man einen Draht zueinander hat. Bei mir ist das eindeutig in London so gewesen. Die Songschreiber dort haben einen ganz besonderen Spirit, sind sehr offen und auf der Suche nach etwas Neuem. Genau das habe ich gesucht.
Wie müssen sich Ihre Fans und Ihre Hörer das vorstellen: Sie kommen mit Songwritern zusammen, erzählen denen welche Themen Sie gerade bewegen und die setzen das dann für Sie um?
Heinzmann: Ich arbeite grundsätzlich lieber im Team und bin nicht jemand, der alleine seine Songtexte schreiben möchte. Ich trage immer ein kleines Buch mit mir herum, in dem ich meine Gedanken und Erlebnisse festhalte. Die bringe ich dann ein und bin gespannt darauf, wie andere das sehen und welche Meinung sie dazu haben. Diese vielen Facetten finden sich dann letztlich im Songtext wider.
Ich habe ein Talent geschenkt bekommen und damit muss ich vertrauensvoll umgehen
Stefanie Heinzmann
Ihre Stimme ist zweifellos Ihr Kapital, aber die vielen Auftritte stellen sicher auch eine große Belastung für die Stimmbänder dar. In der Vergangenheit mussten Sie auch immer wieder mal längere Zeit pausieren, sogar eine OP über sich ergehen lassen. Gehen Sie mittlerweile sorgsamer mit sich und Ihrem Körper um?
Heinzmann: Auf jeden Fall. Ich war in den ersten Jahren sehr unsicher, immer besorgt, ob meine Stimme das schafft. Gerade diese andauernde Anspannung war das Problem. Als dann die Operation vor sechs Jahren anstand, hat mir das wirklich die Augen geöffnet. Ich habe ein Talent, nämlich meine Stimme, geschenkt bekommen und damit muss ich vertrauensvoll umgehen. Das bedeutet auch, ich darf mal heiser sein. Ich bin heute viel entspannter und genau das tut meinen Stimmbändern gut.
Ihr Konzert in Friedberg findet im Rahmen der »Chance Of Rain Tour 2017« statt. Können Sie schon sagen, was Ihre Fans an diesem Abend erwartet?
Heinzmann: Das Schöne ist, dass das Album jetzt schon im dritten Jahr raus ist und wir in vielen Konzerten hauptsächlich diese Songs gespielt haben. Da gibt es jetzt in Friedberg eine richtig schöne Mischung aus dem ersten und dem vierten Album. Das bedeutet, wir werden auch viele der alten Songs spielen. Es kann sich auf Balladen aber auch auf viel Musik zum Tanzen gefreut werden.
Sie sind ein bekennender Tattoo-Fan. Welche Bedeutung haben Tattoos für Sie?
Heinzmann: Ich habe mich schon als Kind angemalt, bevorzugt meine Arme und Beine mit einem Edding-Stift verziert. Als ich dann mit 18 Jahren eine Rückenoperation hatte, musste ich das irgendwie festhalten. Mir war total wichtig, dass ich dieses Ereignis nicht vergesse und daraus auch etwas lerne. Ich habe mir damals an mein Handgelenk ein Zeichen für Hoffnung eintätowieren lassen. Und so ging’s weiter. Eigentlich trage ich meine ganze Geschichte auf meiner Haut.
Wenn ich nicht Sängerin wäre...
..., wäre ich wahrscheinlich tagsüber im Büro und abends Sängerin. Ich wollte immer Sängerin werden.
Traurig machen mich...
...ganz viele Sachen, die gerade auf der Welt passieren. Wir kriegen heute so viel über Internet und Soziale Netzwerke mit. Es macht mich traurig, dass ich gar nicht weiß, wie ich helfen kann.
Familie bedeutet für mich...
...so ziemlich alles. Ich wohne im Haus meiner Eltern und es kommt für mich überhaupt nicht infrage, wegzuziehen.
Politik interessiert mich...
...schon, aber ich bin mit vielem, was geschieht, nicht einverstanden. Das heißt aber nicht, dass ich als öffentliche Person politische Statements abgebe.
Gemeinsam auf der Bühne stehen würde ich gerne einmal mit...
Da gibt es einige. Wenn ich träumen darf, wäre es Michel Jackson gewesen.
Erfolg zu haben bedeutet für mich...
...Menschen in meinen Konzerten zu erreichen, dass ich die Musik machen darf, die ich möchte, um dann in lächelnde, berührte und glückliche Gesichter zu sehen. Das ist mein persönlicher Erfolg.
Bei einem Festival vor Tausenden von Menschen zu spielen ist für mich...
...einfach unbeschreiblich.
Deutschland ist für mich...
...schon so eine Art zweite Heimat. Mein Bruder und meine Band leben in Köln, alles Menschen, die mir wahnsinnig wichtig sind.