18. Juli 2018, 14:47 Uhr

Bernd Stelter

Nachdenklicher Komiker

Bernd Stelter begeistert seit über 30 Jahren sein Publikum. In Friedberg präsentiert er am 17. August einen Liederabend mit seinem Kabuff-Orchester. In unserem Interview erklärt er, warum er sich nicht in eine Schublade stecken lässt.
18. Juli 2018, 14:47 Uhr
JHS

Wann gilt ein Künstler als erfolgreich? Heute kann sich Erfolg dank Plattformen wie YouTube sehr schnell einstellen – aber genauso schnell vergehen. Über mehr als drei Jahrzehnte dauerhaft sein Publikum zu begeistern, das gelingt nur den wenigsten. Bernd Stelter gehört dazu. Als Komiker, Buchautor, Schauspieler, Liedermacher und Karnevalist erfindet er sich immer wieder neu. Einem großen Publikum wurde er als Dauergast der RTL-Serie »7 Tage, 7 Köpfe« bekannt. In der Comedy-Serie »Bernds Hexe« spielte er die Hauptrolle. Das Wissen seiner kandidaten prüfte er viele Jahre im »NRW-Duell«, ähnlich dem »Hessen-Quiz«. Doch seine eigentliche Leidenschaft gilt dem Schreiben. Sechs Bühnenprogramme und mittlerweile sieben Bücher stammen aus seiner Feder. In Friedberg präsentiert er dem Publikum am 17. August wieder eine neue Variante seines Könnens: ein Liederabend mit seinem Kabuff-Orchester.

 

Herr Stelter, worauf dürfen sich Ihre Besucher in Friedberg freuen?

Bernd Stelter: Meine insgesamt sechs Kabarettprogramme haben sich immer mit einem bestimmten, gerade aktuellen Lebensabschnitt beschäftigt. In jedem meiner Programme habe ich immer auch Texte vertont und meistens sieben bis acht Lieder gespielt. Jetzt ist es natürlich so: Wenn das Programm zu Ende ist, spielt man die Lieder nie wieder. Das fand ich einfach viel zu schade. Und so ist die Idee zu einem Liederabend entstanden. Also eigentlich mein Leben in Liedern. Das Besondere an diesem Abend ist, dass man sich einerseits totlachen kann; aber die Lieder genauso zur Nachdenklichkeit und zur Rührung anregen. Da dürfen auch gerne mal die Augen feucht werden. Darunter verstehe ich einen schönen Abend, meinem Publikum ein Wechselbad der Gefühle zu bereiten. Rudi Carrell hat mal zu mir gesagt: »Willst du den Leuten einen schönen Abend bereiten, bringe sie zum Lachen. Willst du ihnen einen tollen Abend schenken, bringe sie zum Lachen und zum Weinen.«

 

Apropos Rudi Carrell, Sie haben viele Jahre mit ihm in der RTL-Show »7 Tage, 7 Köpfe« zusammengearbeitet. War er ein wichtiger Weggefährte für Sie?

Stelter: Unbedingt. Er hat mich in der ganzen Zeit nie gelobt. Alle anderen im Team schon »Gabi, super Witz, Kalle, fantastisch...« (Stelter parodiert diese Passage, sodass man das Gefühl hat, Carrell spricht selbst ). Ich glaube, er hatte von Anfang an den Eindruck: »Den halten wir auf dem Teppich.« Wenn das seine Idee für mich war, dann muss ich sagen: Das ist ihm gelungen. Ich bin sehr dankbar und manchmal auch ein wenig demütig, dass ich diese zehn Jahre hatte. Trotzdem würde ich heute sagen, dass jetzt meine schönste Zeit ist, weil ich frei entscheiden kann, was ich mache.

 

Zum Beispiel zum ersten Mal mit einem Liederabend auf Tournee gehen...

Stelter: Genau. Und nicht alleine, sondern mit dem Kabuff-Orchester. Normalerweise begleitete ich mich musikalisch selbst mit der Gitarre oder am Piano. Die Idee, mit Musikern auf die Bühne zu gehen, entstand bei einer Plattenaufnahme. Hier haben wir gemerkt, dass in meinem Programm so viele Tempowechsel sind, dass man die einzelnen Instrumente nicht nacheinander aufnehmen konnte. Also haben wir eine Session mit sechs Musikern gemacht, und ich war so begeistert, dass jetzt immer zwei Musiker meine Instrumente übernehmen – natürlich viel besser als ich.

In Friedberg spielen aller Voraussicht nach Tobias Sudhoff, der neue Pianist vom Paul-Kuhn-Trio, und Daniel Goldkuhle als Gitarrist. Jetzt kann ich mich auf die Musik drauflegen. Hätte ich auf meine Frau gehört, hätte ich das schon früher gemacht. Sie meint, dass ich viel besser singe, wenn ich nicht noch Gitarre spiele.

 

Woher kommt der Name Kabuff-Orchester?

Stelter: Ganz einfach. Ein Kammerorchester hat mindestens zehn Musiker, ich spiele mit zwei Musikern. Also was ist kleiner als eine Kammer? Ein Kabuff!

 

Ich schreibe mir die Lieder im wahrsten Sinne des Wortes von der Seele

Bernd Stelter

Ihr Liederabend hat den Titel »Wer Lieder singt, braucht keinen Therapeuten«. Was steckt dahinter – sicher kein Rundumschlag gegen Therapeuten, oder?

Stelter: Nein, sicher nicht. Es geht ja nicht nur darum, Lieder zu singen, sondern die Texte dafür zu schreiben. Ich schreibe mir die Lieder im wahrsten Sinne des Wortes von der Seele. Auch wenn es am Ende in einen heiteren Text mündet – was ich übrigens schwieriger finde, als eine Ballade zu schreiben – verarbeite ich auf diese Art dennoch Situationen, die mich beschäftigen. Es gibt Menschen, die schreiben dafür Tagebuch, ich schreibe meine Texte.

 

Sie haben mal gesagt, dass Sie nicht Comedian genannt werden wollen. Warum nicht und wo ordnen Sie sich selbst ein?

Stelter: Ein Comedian rennt zwei Stunden über die Bühne, hat ein Mikrofon in der Hand, erzählt irgendetwas, hauptsache es ist lustig. Für mich ist vieles, zum Beispiel die ewige Geschichte über Starbucks-Kaffeesorten, irrelevant und wenig spannend. Relevanz und Wärme sind aber die entscheidenden Zutaten für meine Programme. Ich will nicht nichts erzählen.

Es muss nicht immer komisch sein: Stelter spricht auch über traurige und ernste Dinge.

Aber als Kabarettist würden Sie sich auch nicht beschreiben, oder?

Stelter: Nein, dafür bin ich nicht tagespolitisch genug. Aber, ich bin jetzt alt genug, um das auszusprechen. Ich will es auch nicht. Was ich heute darüber auf der Bühne sage, ist oft ein paar Tage später schon wieder Makulatur. Ich sehe mich in erster Linie als Komiker, der aber durchaus auch traurige und ernste Dinge anspricht. Und in Friedberg bin ich natürlich auch Liedermacher. Abgesehen davon: Wer 120 kg wiegt wie ich, der muss auch nicht in jede Schublade passen.

 

Obwohl Sie im Kölner Karneval, wo Sie seit Ende der 80er Jahre nicht mehr wegzudenken sind, durchaus politisch sind.

Stelter: Das ist richtig. Im Karneval bin ich sicher in erster Linie politisch. Und das muss auch so sein. Ich bin ein bekennender Europäer und weiß, offene Grenzen zu schätzen. Ich nutze meine Auftritte im Karneval auch, um meine Haltung deutlich zu machen. Und natürlich kommt auch hier der Komiker durch, wenn ich diese Autokraten beschreibe: Trump: 70 Jahr, blondes Haar und 'ne Scheißfrisur.

 

Der Privatmann Stelter verlebt seit vielen Jahren einen Urlaub auf einem Campingplatz in Holland. Warum?

Stelter: Ich mache das schon so lange, dass es eine Vielzahl von Gründen gibt. Am Anfang war es einfach ein idealer Urlaubsort für uns als Familie. Die Kinder sind nun groß und gehen eigene Wege. Heute spielen meine Krimis mit Inspecteur Piet von Houvenkamp hier. Ich kenne die Gegend wie meine Westentasche, sie ist praktisch meine zweite Heimat geworden.

 

 

Relevanz und Wärme sind die entscheidenden Zutaten für meine Programme

Bernd Stelter

Sie schreiben die Krimis also in Ihrem Mobile-Home?

Stelter: Ja, hier habe ich die Ruhe, die ich dazu brauche. Ich bin gerade in den Vorbereitungen für den dritten Fall. Den Titel weiß ich auch schon: »Mieses Spiel um schwarze Muscheln«. Aber noch gibt es zu viele Fäden, die zusammenkommen müssen: Wer ist der Täter, wer macht sich verdächtig? Erst wenn das Gerüst steht, geht es los mit dem Schreiben.

 

...also vorläufig keine Zeit für ein neues Programm für das nächste Jahr?

Stelter: Doch, im nächsten Jahr geht es wieder los. Auch hier steht der Titel schon fest. Die Idee entstand, weil ich so total genervt von den Radiomoderatoren bin, die am Montagmorgen ins Mikro brüllen: »Leute, Montag – ein blöder Tag, aber nur noch vier Tage und dann ist wieder Wochenende.« Aber wenn wir die vier Tage vergurken, dann verpasst man ja mehr als die Hälfte der Zeit. Dazu will ich einiges sagen.

 

Zum Abschluss: Nennen Sie mir doch bitte spontan drei Eigenschaften, mit denen Sie sich charakterisieren würden.

Stelter: Bodenständig, genießerisch und nachdenklich. Jutta Himmighofen-Strack

 

Bernd Stelter mit Kabuff-Orchester: »Wer Lieder singt, braucht keinen Therapeuten« am 17. August 2018 im Zirkuszelt auf der Seewiese Friedberg. Karten gibt’s im Vorverkauf ab 32,80 Euro.

Der Streifzug verlost außerdem 2x 2 Karten für den Auftritt. Wer teilnehmen möchte, sendet eine E-Mail mit dem Kennwort »Liederabend« an gewinnspiel@mdv-online.de.

 

 

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