Michael Mittermeier, was war Ihr »Lucky Punch«?
Mittermeier: Als Comedian war es wohl mein Programm »Zapped«. Das schlug Ende der 90er ein. Gott sei Dank gingen nur die Zuschauer als meine Gegner lachend zu Boden.
Sie stehen seit über 30 Jahren auf der Bühne. Jetzt touren Sie mit »Lucky Punch« bis Mai 2019. Warum tun Sie sich das an?
Mittermeier: Live auf der Bühne zu stehen, ist wie eine Droge. Ich liebe es! Und scheinbar meine Fans auch immer noch. Solange das so ist, höre ich nicht auf.
Wie hat sich seit ihrem Karrierestart Ende der 80er die Comedy-Szene verändert?
Mittermeier: Damals gab’s noch keine Comedyszene. Ich tourte als Kabarettist und Liedermacher. Mittlerweile boomt Comedy ohne Ende. Es wird oft rumgenölt über zu viele oder unlustige Comedians. Mein Tipp: Schaut euch nur an, was euch gefällt. Dann klappt es auch mit dem Humor. In den letzten Jahren entsteht vor allem in Städten wie Berlin und München eine Szene nach dem Vorbild amerikanischer Open-Mic-Clubs. Da passiert ganz viel, ich finde das super.
»Im Ausland ist ein lustiger deutscher Comedian so was wie ein russischer Menschenrechtsausschuss. Eine Art Humor-Einhorn«
Mit der US-amerikanischen Comedy-Szene kennen Sie sich ja aus. Sie haben unter anderem am New Yorker
Broadway performt. Hat man den komischen Deutschen dort überhaupt ernst genommen?
Mittermeier: Wenn du die Leute zum Lachen bringst, dann wirst du auch ernst genommen. Ich habe in den letzten zehn Jahren die wichtigsten Comedy-Festivals weltweit bespielt, und bisher lief das sehr gut. Ein Olymp war für mich im Frühjahr 2018, da habe ich drei Wochen im Comedy Cellar in New York gespielt. Das ist der Mutterclub der Stand-Up-Comedy.
Ist es ein Klischee, dass Deutsche im Ausland als unlustig und mit Stock im Hintern wahrgenommen werden?
Mittermeier: Das Klischee wird weniger, aber es besteht schon noch. Unser Head of State, Angela Merkel, zum Beispiel wird da auch nicht als Humor-Wuchtl wahrgenommen. Für viele im Ausland ist ein lustiger deutscher Comedian so was wie ein russischer Menschenrechtsausschuss. Eine Art Humor-Einhorn. So hab ich manchmal das Überraschungsmoment auf meiner Seite. Aber wie gesagt: Keiner lacht, nur weil du Deutscher bist. Du musst es schon reißen.
»Vor 60 000 Zuschauern bei Rock am Ring oder Rock im Park, das war schon ein echter Trip
Sie haben U2 auf der Berliner Waldbühne supportet. Wäre Rockstar nicht auch etwas für Sie gewesen?
Mittermeier: Geiler Rockgitarristen-Gott, das wär’s schon. Aber meine Stimme ist mein Instrument, meine Worte sind meine Drum-Beats. Stand Up ist meine Berufung. Und bei vielen Auftritten fühlt es sich schon sehr nach Rock’n’Roll an. Ich habe ja zum Teil auf denselben Festivals gespielt wie Rockbands. Vor 60 000 Zuschauern bei Rock am Ring oder Rock im Park, das war schon ein echter Trip.
Wie viel Lausbub-Michel steckt nach all den Jahren noch in Ihnen?
Mittermeier: Gott sei Dank ist der noch da und treibt in mir sein Unwesen. Er lässt mich immer noch mit naiven, offenen Augen auf diese Welt schauen. Und so entsteht das beste Material. Nimm die Realität, forme sie ein wenig, und fertig ist die Nummer. Als ich zum Beispiel letztens in der U-Bahn saß, hat eine fein gekleidete Business-Frau ganz genüsslich einen Popel aus der Nase gezogen. Das ging über Minuten, weil sie meinte, keiner sieht das. Als sie mich bemerkte, guckte sie mich an und sagte nur: »Das zieht sich!« So was muss dir in so einem Moment erst mal einfallen.
Was dürfen die Besucher in Wetzlar und Frankfurt bei »Lucky Punch« erwarten?
Mittermeier: Irgendwas zwischen meinen Programmen Zapped und Blackout. Mittermeier geht in die Welt und spürt den Alltagswahnsinn auf. Aber auch der Nikolaus und Superhelden müssen ran. Ich gucke mir zum Beispiel Aquaman an und denke mir, wow, ist das der Bademeister unter den Superhelden? Wenn bei einem Superheldenfilm-Finale mal wieder alle durch die Luft fliegen und in einer fiktiven Großstadt mit Hochhäusern rumwerfen, sitzt da dann Aquaman auf einem Plastikstuhl und ruft: »Nicht vom Hochhausrand springen?«
»Der Kleine hat sein Seepferdchen gemacht, nachdem wir ihn wiederbelebt hatten
Besser wäre das, vielleicht können die anderen ja nicht schwimmen. Sie beschreiben es ja bei »Lucky Punch« beim Thema Seepferdchen: Früher Überlebenskampf, heute pädagogisch zertifiziert. Ist es für Sie ein Sinnbild der gesellschaftlichen Entwicklung?
Mittermeier: Kurz zur Erklärung: Als ich das Seepferdchen gemacht habe, da hat einer am Beckenrand gerufen: »Ich traue mich nicht.« Da kam von hinten der Schwimmlehrer: »Aber ich«, und hat ihn ins Wasser geschubst. Auf das »Hilfe, ich ertrinke« meinte er trocken: »Dann kriegst du aber kein Abzeichen.«
Und? Hat es der Junge überlebt?
Mittermeier: Der Kleine hat sein Seepferdchen gemacht, nachdem wir ihn wiederbelebt hatten.
Das würde heutzutage wohl nicht so glimpflich ausgehen.
Mittermeier: Heute ist Schwimmunterricht schon weicheiiger. Da heißt’s dann: »Du musst nicht reinspringen, wenn du das Wasser nicht spürst, du kannst auch deinen Namen schwimmen!«
Ein Teil im Programm ist Chuck Norris und seinen Witzen gewidmet. Er schafft bekanntlich alle Liegestütze. Wie viele schaffen Sie?
Mittermeier: Niemand kann es mit Chuck Norris aufnehmen: Er hat die Schlümpfe blau geprügelt und der Blinddarm von Chuck Norris kann sehen. Okay, Bruce Lee vielleicht. Er ist der einzige Kung-Fu-Kämpfer, der alleine mal Chuck Norris besiegt hat. Diesen epischen Kampf werde ich im Programm wieder auferstehen lassen.
Jetzt schweifen Sie aber ab.
Mittermeier: Achso, wie viele Liegestütze ich schaffe? Für jeden Arm einen und dann geh ich einen Aperol Spriz trinken.