19. Dezember 2018, 14:54 Uhr

Jahresrückblick 2018

Jahresrückblick 2018: Leihräder an der Lahn

Seit 2018 sieht man in Gießen blaue und grüne Leihräder durch die Gegend fahren. Zu verdanken haben die Bürger das den beiden Universitäten. Denn die Pläne der Stadt dauerten den Hochschulen viel zu lange.
19. Dezember 2018, 14:54 Uhr
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Von Christoph Hoffmann
(Foto: Schepp)

Nach vielen Jahren der Diskussion gibt es sie seit diesem Jahr auch endlich in Gießen. Leihfahrräder. Und sie werden auch gut angenommen: Immer öfter sieht man Studenten auf den blauen und grünen Drahteseln durch die Straßen radeln. Zu verdanken haben das die Gießener den beiden Universitäten. 

Im März 2017 hatte die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, ein Konzept für ein Leihradsystem erstellen zu lassen. Der Justus-Liebig-Universität ging das aber nicht schnell genug: Im Oktober 2017 preschte die Hochschule vor und kündigte an, bereits im Frühjahr 2018 ein Leihradsystem einrichten zu wollen. Die JLU stand unter Zugzwang. Durch die geplante Sanierung des Audimax mussten die Studenten weitere Wege zwischen den Vorlesungen meistern, außerdem fielen Parkplätze weg. Die THM fand ebenfalls Gefallen an der Idee und beteiligte sich an den Planungen.

 

Kosten für Pilotphase im sechsstelligen Bereich

Anfang 2018 erhielt »Nextbike« den Zuschlag. Das Unternehmen ist das zweitgrößte der Branche nach der Bahntochter Call a bike. Es expandiert ständig und unterhält derzeit in etwa 50 Städten Leihradsysteme. Entgegen erster Pläne sollten auch von Anfang an Nicht-Studenten das Angebot nutzen dürfen. Insgesamt 360 Räder wurden angeschafft, 300 blaue für die JLU, 60 grüne für die THM. Die Kosten für die zweijährige Pilotphase lägen »im sechsstelligen Bereich«, teilte die Justus-Liebig-Universität mit. Die Stadt Gießen, die das Vorpreschen der Uni ausdrücklich begrüßte und später ebenfalls in das Projekt einsteigen wollte, stellte kostenfrei öffentliche Flächen zur Verfügung. Am 1. April war es dann soweit: Erstmals konnten Studenten, aber auch Anwälte, Handwerker und sonstige Gießener auf Leihrädern durch die Straßen radeln.

Wer die Räder nutzen will, muss sich im System von Nextbike online registrieren. Eine Grundgebühr gibt es nicht. Pro halbe Stunde Nutzung wird ein Euro fällig. Eine Jahres-Flatrate zu 48 Euro deckt bei jeder Fahrt die ersten 30 Minuten ab. Für Studenten sind diese ersten 30 Minuten grundsätzlich kostenlos, sie zahlen dafür einen Euro pro Halbjahr als Semesterbeitrag. Uni-Bedienstete erhalten für berufliche Fahrten eine Kostenrückerstattung oder ein Jahresticket.

Die Einführung der Leihfahrräder stieß von Anfang an auf große Zustimmung. Schließlich sind sie nicht nur praktisch fürs Pendeln zwischen den Hörsälen. In Zeiten von erhöhten Stickoxidbelastungen sind die emissionsfreien Gefährte auch gut fürs Klima. Der ein oder andere verband mit den Leihrädern aber auch Sorgen. 

 

Angst vor Chaos unbegründet

»Wir brauchen eine gute Struktur in der Abwicklung«, sagte beispielsweise Stadträtin Gerda Weigel-Greilich. Sie spielte damit auf teils chaotische Zustände in anderen Städten an. Unternehmen hatten die Straßen mit ihren Leihrädern zugepflastert, sich aber nicht mehr um Wartung oder Rücktransport zu den Sammelstationen gekümmert.

Nun, neun Monate nach der Einführung, kann man sagen: In Gießen ist von Chaos keine Spur, die Befürchtungen sind nicht eingetreten. Das liegt vor allem an den vier Mitarbeitern des Serviceteams. Sie erledigen nicht nur Reparaturen, sie orten auch gestrandete Räder und bringen sie zu den Stationen zurück.
Sowohl Nextbike als auch JLU und THM ziehen daher ein positives Fazit. Es dürfte auch als Entscheidungshilfe für die Verantwortlichen im Rathaus dienen. Die Stadt will 2019 über eine Beteiligung entscheiden. Gut möglich also, dass demnächst neben blauen und grünen auch Stadtwappen-rote Leihräder das Stadtbild prägen. 

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