2018 war geprägt von extremen Wetterverhältnissen. Wo es im Sommer zu trocken war, überfluteten im Mai Wassermassen Stadt und Land: Starkregen, Hagelkörner so groß wie Tennisbälle und vollgelaufene Keller.
27. Dezember 2018, 14:30 Uhr
Katharina Gerung
Der Ortskern von Hungen-Bellersheim (Landkreis Gießen) steht am späten Abend des 27. Mai 2018 nach einem heftigen Gewitter unter Wasser. Im Raum Münzenberg (Wetteraukreis) und Hungen fielen örtlich zwischen 50 und 100 Liter Regen innerhalb weniger Stunden.(Foto: Jan Eifert)
Starker Regen innerhalb kürzester Zeit. Vollgelaufene Keller, umgestürzte Mauern und großflächig überschwemmte Straßen, in denen teilweise bis zu 35 Zentimeter hoch der Hagel liegt. Bilder mit Endzeitstimmung, nicht aus einem Apokalypse-Film, sondern aus Hungen. Ende Mai tobte dort ein heftiges Unwetter, welches die Feuerwehr noch Tage danach mit Aufräumarbeiten beschäftigte.
Braune Lachen, wohin das Auge reichte. Überall standen Kisten, vollgepackt mit dem, was die Hauseigentümer noch retten konnten. Das meiste unbrauchbar, weil die Wassermassen zu schnell kamen, zu überraschend. »Wie ein Fluss kam das Wasser vom Sportplatz her in die Straßen gelaufen«, erzählte Udo Matthiae. Der Bellersheimer ist eines der Opfer des Unwetters der Nacht vom 27. Mai. Innerhalb von 15 Minuten stand das Wasser in seinem kompletten Untergeschoss etwa anderthalb Meter hoch. Zwei Autos konnte er nicht mehr retten, die Feuerwehr versperrte den Weg, nebenan hatte ein Blitz in ein Haus eingeschlagen.
Plötzlich lief das Wasser in Strömen die Kirchgasse herunter und in den Hof hinein
Sabine Weil
Bellersheim traf das Unwetter besonders schwer, auch wegen der Topografie: Von den Hängen rundum strömten die Fluten herab, bahnten sich ihren Weg durch den Ort, vor allem durch die Münzenberger Straße. »Erst kam das Gewitter, dann Hagel, starker Regen. Plötzlich lief das Wasser in Strömen die Kirchgasse herunter und in den Hof hinein«, erzählte Sabine Weil. Auch sie wurde von dem Unwetter nicht verschont. Laut Wetterexperten fielen in dieser Nacht 150 Liter Regen pro Quadratmeter.
Auch Hof der Familie Bühls in Wettenberg-Wißmar stand nach einem Unwetter unter Wasser.
Die ganze Nacht über waren 150 Einsatzkräfte der Feuerwehr, verteilt auf über 20 Einsatzabteilung, mit den Folgen des Unwetters beschäftigt. Über 70 Keller mussten ausgepumpt werden. Das Ausmaß des Unwetters wurde erst in den Tagen danach deutlich. Nicht nur an Häusern hinterließ es Schäden, sondern vor allem auch auf den Äckern, wo ganze Feldabschnitte zerstört wurden. Drei Dutzend Sachverständige waren im Einsatz um die Schäden aufzunehmen und zu bewerten.
Unwetterschäden im Wert von mehreren Millionen Euro
Einige Ähren wurden komplett vom Stängel abgerissen, anderen hat der Hagel die Körner herausgeschlagen, bei wieder anderen sind die Halme umgeknickt worden. Die Früchte bekamen so kein Wasser und gingen innerhalb weniger Tage ein. Rund 100 Betriebe mit zusammen circa 1000 Feldstücken waren betroffen, die Schäden erreichten ein Ausmaß von mehreren Millionen Euro.
Das einzig Positive nach dem Unwetter war, die allgemeine Hilfsbereitschaft und Solidaritätsbekundung in der Bevölkerung zu beobachten. Freunde, Familie, Bekannte. Viele helfende Hände packten nach dem Starkregen die Aufräumarbeiten gemeinsam an. »Es kamen unheimlich viele, um zu helfen«, berichtete Sabine Weil. Neben den Hausbesitzern und Helfern war die Feuerwehr Hungen mit drei Abteilungen vor Ort, um die Bürger mit Muskel- und Maschinenkraft zu unterstützen. Auch Kameraden aus den umliegenden Gemeinden, beispielsweise aus Staufenberg, Pohlheim, Langsdorf oder Grünberg, rückten zur Unterstützung an und die Busecker selbst dichteten mit ihren Sandsäcken so manches Leck ab. Verletzt wurde bei der Unwetterserie zum Glück niemand, auch keiner der Einsatzkräfte.