Die Straßen verstopft, die Busse übervoll und selbst für das eigene Rad gibt es keinen Stellplatz in der Innenstadt? Der Ausweg: ein Leihrad. Genau das gibt es seit diesem Jahr auch in Gießen – und die Studierenden sollen es zum Erfolgsmodell werden lassen. Der Streifzug klärt die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema und zeigt in einer Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie mit den Leihrädern in der Uni-Stadt an der Lahn umzugehen ist.
Fotostrecke: So geht's: Der Leihrad-Selbstversuch
Leihräder in Gießen: Wo gibt es die Räder?
In der Stadt Gießen gibt es aktuell insgesamt 360 Leihräder. Sie stehen am Bahnhof hinter der neuen Hauptpost sowie an der Universität in der Karl-Glöckner-Straße (Phil II, Haus F sowie auf dem Mitarbeiterparkplatz), an der Otto-Behaghel-Straße (Zentralbibliothek, GSCS und Mensa), am Kugelberg (Sportwissenschaften), in der Licher Straße (Campus Recht und Wirtschaft), am Heinrich-Buff-Ring (Fahnenplatz und Chemie-Hörsaal) sowie an der THM (Wiesenstraße, Gutfleischstraße, Bismarckstraße und Eichgärtenallee).
Ob in der Innenstadt noch ein weiterer Standort dazukommt, ist derzeit noch offen. Die Stadt wolle zunächst die ersten Erfahrungen mit dem System abwarten. Eine Übersichtskarte gibt es auch hier.
Leihräder in Gießen: Wer ist der Anbieter?
Die Leihräder gehören der Firma Nextbike, sie ist neben der Bahntochter »Call a bike« der zweitgrößte Anbieter von Leihrädern in Deutschland. Derzeit sind es über 50 Standorte. Die Firma verfügt zudem auch über Standorte in mehreren anderen Ländern auf der ganzen Welt. Der Vorteil: Einmal registriert kann man auch diese überall nutzen, zum Beispiel im Urlaub oder während eines Auslandssemesters.
Leihräder in Gießen: Wer trägt die Kosten?
Uni und THM teilen sich die Kosten für die Pilotphase. Außerdem kommt etwas Geld über die Nutzung in die Kasse – allerdings zeigen Studien, dass sich Leihradsysteme für den Anbieter erst in Städten über 100 000 Einwohner von selbst tragen. Das ist in Gießen (noch) nicht der Fall. Die Stadt will im nächsten Jahr über eine finanzielle Beteiligung entscheiden. Fest steht aber, dass sie Flächen für den Aufbau der Leihradstationen kostenlos zur Verfügung gestellt hat.
Leihräder in Gießen: Was kostet mich die Ausleihe?
Die Kosten belaufen sich nach einer Registrierung im Internet auf einen Euro pro halbe Stunde. Die ersten 30 Minuten sind für Studierende der Gießener Hochschulen frei, denn die zahlen mit ihrem Semesterbeitrag automatisch einen Euro an das Unternehmen. Uni-Bedienstete erhalten für berufliche Fahrten eine Kostenrückerstattung oder gleich ein Jahresticket. Das gibt es für jedermann für 48 Euro als Flatrate – deckt aber auch nur jeweils die ersten 30 Minuten ab.
Wird das Fahrrad nicht wie vorgesehen an einer Station abgegeben, wird eine Extragebühr fällig. Für sein Geld bekommt man ein »Ecobike« der neusten Generation – inklusive sieben Gängen und Reifen, die laut Hersteller keine Panne haben sollen. Außerdem verspricht Nextbike, dass sich bis zu fünf Mitarbeiter darum kümmern, dass die Räder stehts sinnvoll auf die verschiedenen Stationen verteilt und technisch in gutem Zustand sind. Die Räder sind als silbernes Smartbike, als blaues JLURad oder als grünes THM-Rad erkennbar.
Leihräder in Gießen: Wie funktioniert das Ausleihen?
Ausleihe und Rückgabe der Räder an den Stationen sind über die Nextbike-App oder über die Nextbike-Hotline unter Telefon 0 30/69 20 50 46 möglich. Eine Registrierung vorher via Internet ist nötig – auch zum Abwickeln des Zahlungsverkehrs.
Leihräder in Gießen: Was sind die Hintergründe für die Einführung?
Einerseits hat die Stadt ein Problem mit den hohen Stickstoffdioxidwerten in der Innenstadt, andererseits ist aber auch der Busverkehr überlastet – Änderungen dauern oft lange. Akuter Anlass für die Uni, im Frühjahrdas Angebot zunächst allein zu starten, war der Umbau des Philosophikums im Gießener Osten. Er verursacht einen erhöhten Pendelverkehr der Studierenden zwischen den Campusbereichen. Um Parkplätze, Straßen und Busse zu entlasten, soll er möglichst per Rad erfolgen. Die Stadt zögerte zunächst auch aus finanziellen Gründen, sich an dem Leihrad-Projekt zu beteiligen. Trotzdem hat sie in den vergangenen Jahren 1100 neue Abstellplätze für Privat-Bikes geschaffen.
Leihräder in Gießen: Leihräder in Gießen: Was sind Alternativen?
Als Studierender der beiden Gießener Hochschulen ist das Semesterticket für sämtliche öffentlichen Verkehrsmittel im Gebiet des RMV ohnehin inklusive – Ausnahme ist der Fernverkehr der Bahn. Uni-Bedienstete haben als Landesangestellte mit dem neusten Tarifabschluss seit Anfang 2018 ebenfalls ein solches Ticket. Eine angedachte eigene Buslinie der Uni, um für Entlastung im Stadtbusverkehr zu sorgen, wurde aus Kostengründen jüngst verworfen.
Leihräder in Gießen: Welche Entwicklungen sind zu erwarten?
Die Verzahnung von Radverkehr und öffentlichem Nahverkehr soll weiter ausgebaut werden. Erfolgreiches Vorbild aus der Nachbarschaft ist Marburg, wo das Leihradsystem in den vergangenen drei Jahren stetig gewachsen ist. Dort kooperiert die Uni mit »Next bike«, Stadt und Stadtwerke schießen 50 000 Euro zu. Pro Monat gab es im Sommer durchschnittlich 30 000 Leihen.