Ein gutes Zeichen ist, wenn die Gäste schon während des Essens mit den Fingern im Takt leise auf den Tischen tippen. »Dann kommt langsam Stimmung auf, und ich merke, dass ich auf dem richtigen Weg bin.« Zum Glück passiert das Freddy Arévalo recht häufig – über mangelnde Aufträge, oder gar mangelnde Stimmung bei seinen Gigs kann sich der Gießener DJ nicht beschweren. Doch dahinter steckt eine ganze Menge Arbeit, die vor allem eines verlangt: Feingefühl. »Bei einer Hochzeit muss ich als DJ alle zwei bis drei Minuten eine Entscheidung treffen.«
Damit es die richtigen sind, und sich am Ende einer hoffentlich langen Nacht ein hoffentlich überglückliches Brautpaar zeigt, ist es Freddy wichtig, genau dieses erst richtig gut kennenzulernen. »Wenn mir ein Paar eine Anfrage schickt, dann verabrede ich mich erst mal zum Gespräch mit ihnen. Das kann dann, je nach Sympathie, auch mal zwei oder drei Stunden dauern.« Kann, muss aber nicht. Kürzlich erst habe er sich nach nur knapp einer Stunde von potenziellen Kunden verabschiedet: »Da hat es einfach nicht gepasst. Mit dem Bräutigam hätte ich ohne Probleme ein Bier trinken gehen können, aber für die Braut war ich nicht der Richtige.«
Dabei habe er vor allem das Wohl des Brautpaars im Auge, denn wenn die Chemie zwischen DJ und dem Paar nicht stimme, könne die Party einfach nicht gut werden. »Deshalb gibt es auf meiner Homepage auch keine direkte Buchung. Ich muss zuerst wissen: Wer ist dieser Mensch?« Wenn die Chemie nicht stimme, lehne er ab. Höflich natürlich. »Und ich empfehle den beiden dann einen DJ, der besser zu ihnen passen könnte.«
Ich mache vorher keine festgelegte Playlist. Ich will die Freiheit haben, auf den Moment und die Wünsche der Gäste eingehen zu können
Freddy Arévalo
Wenn es aber gut läuft, und ein Vertrag zustande kommt, geht es direkt los mit den Vorbereitungen. Wer sind die Trauzeugen? Wo wird gefeiert? Was für Gäste kommen? Welche Länder bereist das Paar gerne? All diese Fragen stehen auf einem Bogen, den Freddy jedem Brautpaar frühzeitig zukommen lässt. Aus gutem Grund: »Ich muss wissen, wer diese Menschen sind, um auf sie eingehen zu können.«
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Songs, die nie fehlen
1. Wannabe (Spice Girls): »Und direkt anschließend irgendwas von den Backstreet Boys.«
2. Atemlos (Helene Fischer): »Nein, meine Musik ist das auch nicht«, sagt Freddy. Aber: Stimmung komme immer auf, wenn Helene singt. Und wenn sich nur alle gemeinsam aufregen.
3. Sing Hallelujah (Dr. Alban): »Läuft immer. Funktioniert immer. Passt immer.«
4. Let’s twist again (Chubby Checker): Eigentlich habe er solche Songs für die ältere Generation dabei. »Meistens sind es aber eher die jungen Leute, die da total abgehen.« Ältere Gäste wollten oft aktuelle Musik hören, um sich mal wieder jung zu fühlen.
5. Uptown Funk (Bruno Mars): »Zu diesem Song kann man einfach nicht anders als zu feiern.« Deshalb habe er ihn auch immer im Gepäck.
Klar, der Musikgeschmack sei wichtig, aber: »Ich mache vorher keine festgelegte Playlist. Ich will die Freiheit haben, auf den Moment, und auf die Wünsche der Gäste einzugehen.« Fest steht nur eins: Was das Brautpaar vorher ausschließt, wird nicht gespielt. Und: Was das Brautpaar hören will, das wird gespielt. »Manche wollen nur Hip-Hop und R’n’B, andere Schlager. Wieder andere wollen von allem ein bisschen, hauptsache tanzbar.« Da komme es schon mal vor, dass Freddy Musik spielt, die er privat nie hören würde, aber: »Ich gebe meinen persönlichen Musikgeschmack am Eingang ab wie meine Jacke. Denn um mich geht es nicht.«
Man muss sich darauf einlassen können, und spüren, was den Gästen Freude macht, ohne dabei auf seine eigenen Vorlieben zu achten, sagt Freddy. Meist lohne sich das – auch dann, wenn es im ersten Moment gar nicht so aussehe: »Kürzlich hat mich ein Hochzeitsgast gefragt, ob ich während des Essens ›Beate, die Harte‹ spielen könnte.« Können ja, wollen auch – aber erst nach dem Essen, antwortete Freddy. Was dann aber passierte, war verrückt: »Obwohl das Paar vorher gesagt hatte, höchstens drei oder vier Ballermann-Songs seien okay, hat sich die Feier zur absoluten Mallorca-Party entwickelt. Nicht meine Musik, aber es hat riesigen Spaß gemacht.«
Teuer, aber lohnenswert
Spaß – das sei das Stichwort schlechthin. »Wenn Du einen DJ buchst, solltest Du feiern wollen.« Es gebe natürlich auch Paare, die eher ruhig feiern möchten, die Wert auf ein festliches Dinner legen. Ob es da nötig sei, das Geld für einen DJ in die Hand zu nehmen, solle man sich gründlich überlegen. Denn günstig sind professionelle DJs nicht, daraus macht Freddy keinen Hehl: »Natürlich lassen wir uns unsere Arbeit gut bezahlen. Wenn man von diesem Job leben können will, geht das nicht anders.« Unter 1200 Euro sei es schwierig, einen professionellen DJ zu finden. Weil der 33-Jährige aber weiß, dass damit eine gewisse Verpflichtung einhergeht, arbeitet er gewissenhaft und sorgfältig: »Ich habe buchstäblich alles doppelt und dreifach dabei. Für den Fall der Fälle. Sogar zwei Laptops habe ich im Gepäck.
Damit auch wirklich nichts schiefgeht.« Und das kann passieren: Einmal ist dem DJ wenige Minuten vor Beginn der freien Trauung der Laptop abgestürzt. Ein anderes Mal kam er zur Location und wurde mit einer Hiobsbotschaft vom Hausmeister empfangen: »Als ich reinkam sagte er: ›Übrigens, von den drei Steckdosen geht nur eine. Ich weiß aber nicht, welche.‹ Danach durfte ich erst mal fünf Stunden lang Kabel verlegen.« Seitdem steht eine Klausel mehr im Vertrag: Funktionierende Steckdosen sind notwendig. Kurios irgendwie, aber wichtig.
Zu seinem Job gekommen ist Freddy Arévalo per Zufall: Als Jura-Studen war er zu Gast bei einer Salsa-Party in Marburg. »Was der DJ da auflegte, war furchtbar. Also habe ich dem Inhaber angeboten, zu übernehmen.« Aus einem Mal wurden viele, irgendwann fragten Freunde, ob er bei Geburtstagen auflegen könne, dann kamen die Hochzeiten. Zuerst hobbymäßig, dann professionell. Irgendwann ließ er das Studieren sein und gab sich vollends der Musik hin.
Manchmal kann ich nicht glauben, dass es Menschen gibt, die Geld dafür ausgeben, dass ich zu ihrer Feier komme
Freddy Arévalo
»Ich wollte nie DJ werden. Manchmal kann ich immer noch nicht glauben, dass es Menschen gibt, die Geld dafür ausgeben, dass ich zu ihrer Feier komme. Das finde ich wunderschön.« Bei aller Leidenschaft, bei aller Freude – einfach sei der Job als DJ nicht immer. »Viele denken, man ist nur am Feiern und am Trinken und macht sich sonst ein faules Leben. Aber so ist es nicht«, sagt Freddy. Alkohol ist für ihn absolut tabu, wenn er arbeitet, und von Faulenzen könne auch keine Rede sein: »Manchmal schlafe ich tagelang keine vier Stunden pro Nacht und fahre an einem Tag durch halb Deutschland«, sagt er. Nicht selten leide das Privatleben: »Wochenende habe ich nicht.« Alleine 60 Hochzeiten hat Freddy 2018, dazu kommen Firmenevents und andere Veranstaltungen.
Die Freude, die Freddy bei Hochzeiten so hautnah mitbekommt, wie kaum ein anderer, sei der Lohn für alle die Arbeit. »Kürzlich hatte ich eine Braut, die einfach die letzten drei Stunden der Feier durchgängig geweint hat vor Rührung.« Da passiere es ganz von selbst, dass sich Freundschaften entwickeln. »Mit vielen Paaren bin ich auch Jahre nach der Hochzeit noch in Kontakt. Gestern war ich erst mit einem früheren Kunden in Frankfurt einen Apfelwein trinken.« Wer das nicht will, ist nicht richtig bei Freddy: »Ich bin nicht glatt, und ich tue nicht so, als ob alles perfekt ist. Ich bin ein Kumpeltyp.« Wer Lust darauf habe, mit dem könne er richtig Spaß haben, und einen Abend voller Gefühl erleben: »Wenn DJs gut sind, dann schaffen sie Emotionen. Das ist mein Ziel.« Valerie Pfitzner
Wer mehr über Freddy erfahren möchte, kann sich informieren auf der Seite einfachfreddy.de oder bei Facebook unter www.facebook.com.
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Die häufigsten Planungsfehler laut DJ Freddy
1. Falsche Prioriäten setzen: »Wenn man die Kosten plant, sollte man kritisch hinterfragen, ob man Stuhlhussen für 12 Euro pro Stück wirklich braucht.« Er rate Paaren von kostspieligen Kleinigkeiten ab, denn: »Daran wird sich eh niemand erinnern.« Eine Ausnahme: Wenn es dem Paar am Herzen liegt.
2. »...weil man das halt so macht«: Diesen Satz sollten Brautpaare sofort aus ihrem Sprachgebrauch streichen, sagt Freddy. »Auf der eigenen Hochzeit sollte man nur Dinge tun, die man selber möchte. Alles andere spielt an diesem einen Tag einfach keine Rolle.«
3. Streng getaktete Zeitpläne erstellen: »Es gibt Paare, die geben mir einen Zeitplan, auf dem alles minutengenau geplant ist.« So etwas kann eigentlich nur schiefgehen, sagt der Hochzeits-DJ – und führt zu Frustration. Sein Tipp: »Lieber eine Stunde mehr einplanen. Grundsätzlich. Wenn es schneller geht, umso besser.«
4. Zu viel Stress mit dem Wetter: »Ganz ehrlich: Dass es regnet, kann passieren. « Oft erlebe er Paare, die sich Druck machen, weil sie Angst vor Regen und Kälte haben. »Aber dann kann man es eh nicht ändern. Und es hat auch Vorteile: Wenn es regnet, ist die Partystimmung drinnen programmiert.«
5. Nicht mitfeiern: Ein Fehler, den viele Brautpaare machen, und später bitter bereuen ist laut Freddy, dass sie nicht mitfeiern. Das sollte das Paar, denn es ist die Attraktion der Feier. »Wenn das Paar so richtig mitfeiert, dann wirkt sich das einfach immer auf die Gesamtstimmung aus.« Außerdem sei es doch schade, wenn alle sich fallen lassen, außer man selbst.