Jenseits der Glasfront rauscht der Verkehr durch die Innenstadt, drinnen ist von Hektik nichts zu spüren. Dezente akfrikanische Klänge hallen im Hintergrund, Inhaberin Emebet Feyessa hockt im Nebenraum und röstet geduldig Bohnen für die Kaffee-Zeremonie.
Mit Gastfreundschaft, entspannter Atmosphäre und äthiopischer Küche will sie ihre Gäste überzeugen, für die Kulinarisches aus Ostafrika teils eine ganz neue Erfahrung ist.
Im Mai hat die herzlich lächelnde Inhaberin das Blue Nile eröffnet. Es ist ein Familienbetrieb: Ihr Mann kümmert sich um den Service, auch der Sohn hilft mitunter mit. In der Küche hat Feyessa weitere Mitarbeiterinnen.
Zurzeit haben die Chefin und ihr Ehemann noch keinen Ruhetag – vielleicht werden sie sich diesen auf Dauer aber noch gönnen. »Die Kundschaft ist ganz gemischt – und viele kommen wieder. Das freut mich«, sagt Feyessa.
Von den Eltern abgeschaut
Dass Gastronomie viel Arbeit mit sich bringt, weiß sie von klein auf: Sie ist damit groß geworden, hat sich im Hotel ihrer Eltern in Äthiopien schon früh manches abgeschaut.
Lebensmittel im Kühlschrank aufzubewahren, sei in ihrer Heimat ungewöhnlich, stattdessen wird frisch zubereitet. »Allein zu essen, ist in Äthiopien auch eine eher neue Mode, unsere Kultur basiert auf Gemeinschaft«, erklärt Feyessa.
Das drücke sich auch bei Mahlzeiten aus. Im Blue Nile gibt es Gerichte für ein oder zwei Personen, doch die großen Teller laden so oder so dazu ein, die Köstlichkeiten in Gruppen zu probieren.
Die Speisekarte ist erfrischend übersichtlich und bietet doch eine reiche Auswahl. Schon die Vorspeisen sind ein Hochgenuss – unter anderem Sambusa, kross frittierte Teigtaschen, wahlweise mit Rinderhackfleisch oder einer Masse aus Linsen gefüllt, und die Lammsuppe mit fein abgeschmeckter Brühe.
Beyaynetu beliebt
Bei Veganern und Vegetariern, erzählt Feyessa, ist Beyaynetu beliebt – ein deftiges Gericht mit Linsen, Bohnen, Weißkohl und Kartoffeln. Gern genommen wird auch die gemischte Platte, gerade von Kunden, die sich erst einmal einen kulinarischen Überblick verschaffen wollen. Die pikanten, gut sättigenden Mahlzeiten basieren teils auf Gewürzen, die in der europäischen Küche kaum oder gar nicht vorkommen.
Doch die angeboteten Speisen sind nicht zu Unrecht Klassiker der äthiopischen Küche – sie schmecken einfach verdammt gut, ebenso wie das fruchtige Mango-Bier. Die Fleischgerichte mit Lamm-, Rind- oder Hähnchenfleisch werden wie auch die veganen Varianten mit Injera gereicht, das ist gesäuertes, weiches Fladenbrot. Üblicherweise werden Stücke davon abgerissen, um damit kleine Happen zu greifen.
Wer ungern mit den Fingern essen möchte, bekommt im Blue Nile natürlich auch Messer und Gabel. Und bei Bedarf zeigen die Mitarbeiter, wie die Köstlichkeiten am unkompliziertesten von der Hand in den Mund gelangen.
Auch das Ambiente des Blue Nile trägt dazu bei, einen Besuch dort in Erinnerung zu behalten – von den farbenfrohen geflochtenen Tischchen bis zu filigranen Holzfiguren. Einfach etwas Besonderes.
Adresse: Bahnhofstraße 53, 35390 Gießen
Telefon: 06 41/13 27 25 25
Sitzplätze: 50 innen/ vier außen
Küche: Äthiopisch
Spezialitäten: Rind- und Lammfleisch
Öffnungszeiten: täglich 13 bis 22.30 Uhr