Wir müssen täglich kontrollieren, ob Wasser in den Hohlraum eindringt«, erläutert Armin Hudetz. Der Stauseemeister und die anderen Mitarbeiter des Wasserverbands Nidda, dem Eigner des Nidda-Stausees, sind für die Sicherheit des Anlage zuständig.
In den Kontrollgang führen aus der Dammumgebung kleine Öffnungen eines Drainagenetzes. »Ist der Damm an irgendeiner Stelle undicht, könnte Wasser über die Drainagerohre in den Kontrollgang gelangen und so einen Hinweis auf die Leckage geben«, sagt Hudetz.
Wassereindringen unwahrscheinlich
Ein Wassereindringen sei allerdings sehr unwahrscheinlich. In der Bauphase hatte man zunächst seeseitig den Grund des Dammes mit Lehm abgedichtet, was sich aber schnell als unzureichend erwiesen habe.
Mit 120 Zement-Bentonit-Injektionen wurden die Lücken im klüftigen Schüttmaterial aus Basaltgestein verschlossen. Außerdem wurde der Dammkörper wasserseitig mit einer Asphaltdecke zusätzlich abgedichtet.
In dem schmalen unterirdischen, ganzjährig rund zehn Grad »warmen« Gang herrscht ein ohrenbetäubender Lärm. Er rührt von zwei großen Rohren her, durch die ständig Wasser schießt.
Durch das größere mit 70 Zentimetern Umfang sind es 3,3 Kubikmeter pro Sekunde, und durch das kleinere Rohr 700 Liter.
Die Rohre führen von dem Einlaufwürfel am Grund des Sees in die sogenannte Oberwasserschieberkammer, die sich unter Wasser befindet.
Von hier führen die beiden Rohre durch beziehungsweise direkt unter dem Kontrollgang auf die andere Seite des Dammes. Hier wird das abgehende Wasser nach außen in das sogenannten Tosbecken geleitet und von hier weiter in die Nidda abgegeben.
Mit einem Ringkolbenschieber und zusätzlichen Klappen kann der Stauseemeister die gewünschte oder notwendige Wasserabgabe steuern. Vorgeschrieben für Stauanlagen sind mindestens drei solcher Verschlussmöglichkeiten.
Vier Kubikmeter Wasser pro Sekunde im Ablauf
Der Einlaufwürfel und die daraus abführenden Rohre wurden zuletzt in den Jahren 2001 und 2002 grundlegend kontrolliert und in Teilen erneuert.
»Das ist im Rahmen einer vertieften Sicherheitsüberprüfung in bestimmten Abständen vorgeschrieben«, sagt der Stauseemeister. Zu Beginn des Jahrtausends war dazu das Wasser aus dem Staudamm abgelassen worden.
Eine weitere Überprüfung fand 2018 statt, als die wasserseitige Oberfläche des Staudammkörpers umfassend saniert wurde. Auch damals war ein Großteil des Wassers abgelassen worden.
Rund vier Kubikmeter Wasser werden derzeit sekündlich Tag und Nacht abgelassen. Die große Menge ist den starken Niederschlägen der vergangenen Tage und Wochen geschuldet sowie dem insgesamt nassen Winter.
»Die Böden sind weitgehend gesättigt. Die Niederschläge sammeln sich in den Bächen und fließen schnell ab, was in der Talsperre zu einem erhöhten Stauaufkommen führt«, so Hudetz.
In den Stausee fließt neben der Nidda noch der kleinere Läunsbach. Beide Gewässer führen seit Wochen viel Wasser, was sich auch beim Blick auf den See deutlich bemerkbar macht.
Der Wasserspiegel hat sich hoch in das Gebüsch der Uferbepflanzung geschoben, und der Überlauftrichter steht reichlich mitten im Wasser, was in langen Phasen des Jahres meist nicht der Fall ist.
Überlauftrichter für Extremfälle
Hudetz kann aber Entwarnung geben für mögliche Befürchtungen, dass die Sperranlage ihrem ursprünglichen und nach wie vor aktuellen Hauptzweck, dem Hochwasserschutz, nicht mehr gerecht werden könnte.
»Rund 4,4 Millionen Kubikmeter sind aktuell angestaut. 6,9 Millionen Kubikmeter ist als Maximalwert vorgesehen. Es besteht also noch deutlich Kapazität, um noch mehr Wasser aufzunehmen.« Zumal eine Schneeschmelze derzeit nicht eingeplant werde müsse. Für absolute Extremfälle ist außerdem der Überlauftrichter vorgesehen.
Er könnte 50 Kubikmeter Wasser pro Sekunde aufnehmen, um so über ein eigenes Rohrsystem einen schnelleren Abfluss aus dem Stausee zu ermöglichen. »Dieser Fall ist aber bisher noch nie eingetreten«, betont Hudetz mit Blick auf die vergangenen gut 53 Jahre des Betriebs.
Ein willkommener Nebeneffekt beim Ablassen des Wassers aus der Stauanlage ist die Stromgewinnung. »Derzeit fahren wir im vollen Produktionsmodus«, betont der Stauseemeister.
Rund 500 000 Kilowattstunden jährlich ökologisch rein erzeugten Stromes können so für die energetische Unterhaltung der Betriebsgebäude am Stausee genutzt werden. Die übrige Energie aus der erneuerbaren Quelle wird direkt in das Netz der Ovag eingespeist.