25. Februar 2024, 19:00 Uhr

CDU, FDP, FWG, Grüne und SPD für Demokratie und Solidarität

»An der Zeit, Gesicht zu zeigen«

Fünf Fraktionen brachten im Büdinger Parlament eine Resolution für Demokratie und Vielfalt auf die Tagesordnung. Es folgten eine lange Debatte und Ergänzungsantrage, bevor eine Einigung erzielt wurde.
25. Februar 2024, 19:00 Uhr
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Von Petra Ihm-Fahle
Die Fraktionen um Joachim Cott (Grüne), Ulrich Majunke (FWG), Wolfgang Patzak (FDP), Manfred Scheid-Varisco (SPD) und Jonathan König (CDU, v. l.) sind Träger der Resolution für Demokratie und Vielfalt. FOTO: IHM-FAHLE

Wir sagen klar, welchen Standpunkt wir haben.« Das unterstrich Susanne Cott (Grüne), als im Büdinger Parlament eine Resolution für Demokratie und Vielfalt auf der Tagesordnung stand. Fünf Fraktionen waren am Freitagabend in der Willi-Zinnkann-Halle Träger des Papiers: CDU, FDP, FWG, Grüne und SPD. Pro Vernunft dagegen nicht. Die Debatte war sehr lang, was nicht an dem Text lag, den Sozialdemokratin Sieglinde Huxhorn-Engler vortrug. Was das Ganze in die Länge zog, waren vielmehr die Versuche von Jochen Amann (früher AfD), Daniel Lachmann (Zukunft Heimat/NPD) und Robert Wasiliew (AfD), dagegen zu schießen. Beispielsweise mit dem mehrfach vorgetragenen Wunsch nach namentlicher Abstimmung, von dem sich der stellvertretende Parlamentschef Jonathan König (CDU) allerdings nicht beeindrucken ließ. Mehrere Redner boten den Rechten entschieden Paroli.

Sieglinde Huxhorn-Engler blickte zunächst zurück: »Am vergangenen Samstag gab es in unserer Stadt eine sogenannte Großdemonstration rechter und querdenkender Gruppen, die vorwiegend aus dem Rhein-Main-Gebiet kamen.« Der Versuch, sich an die Bauernproteste anzuhängen, habe allerdings nicht gefruchtet - nur etwas mehr als 200 Demonstrierende seien durch die Stadt gezogen. »Und ganze zwei Traktoren hatten sich eingefunden.« Eine Woche vorher seien etwa vier- bis fünfmal so viele Menschen zu einer Kundgebung für Demokratie und Vielfalt auf den Altstadtparkplatz gekommen.

Demokratie und Solidarität

»Aber in der Berichterstattung wurde Büdingen auch bei diesem Anlass immer wieder als rechte Hochburg bezeichnet. Wir wissen, dass das nicht zutrifft«, sagte Sieglinde Huxhorn-Engler. Die große Mehrheit der Stadtverordneten steht ihren Worten zufolge für eine offene, demokratische und solidarische Gesellschaft. »Wir sind stolz auf das demokratische Engagement so vieler unserer Mitbürger.« Sie trug die Resolution vor: »Wir stehen für eine offene, demokratische und solidarische Gesellschaft und wollen den gesellschaftlichen Zusammenhalt auf der Grundlage von Menschenwürde, Menschenrechten und sozialer Gerechtigkeit fördern.« Jeder Form von Demokratiefeindlichkeit, Hass, Hetze, politischen Extremismus, Diskriminierung, Rassismus, Antisemitismus und Erniedrigung werde entgegengetreten. Die Stadtverordnetenversammlung toleriere nicht, dass insbesondere Verfassungsfeinde aus dem rechtspopulistischen und rechtsextremen Milieu »unter dem Deckmantel der hier garantierten Freiheiten agieren und den Rechtsstaat beseitigen wollen«. Man stelle sich klar gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen und gehe entschlossen gegen sie vor. Es sei an der Zeit, Gesicht zu zeigen. »Wir stehen auf, wenn die Grenzen eines guten, fairen und demokratischen Miteinanders verletzt werden.« Als obersten Leitgedanken nannte sie, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. »Im Bewusstsein, dass sich Geschichte nicht wiederholen darf, sagen wir: Nie wieder ist jetzt!«

Jochen Amann versuchte, mit einem Ergänzungsantrag auch ein Sich-Aufstellen gegen den Linksextremismus in die Resolution einzufügen. Wie ihm Manfred Scheid-Varisco (SPD) aber entgegenhielt, ist das Wort »politischer Extremismus« enthalten und so sei » der Ergänzungsantrag hinfällig«.

Joachim Cott (Grüne) stellte klar: Es sei die Zielrichtung der Resolution, den Kampf gegen Rechtsextremismus aufzunehmen. Daniel Lachmann meinte: »Wenn es gegen rechts geht, ist Hetze erlaubt.« Robert Wasiliew beantragte, auch das Oktober-Massaker der Hamas an jüdischer Zivilbevölkerung zu verurteilen. Bürgermeister Benjamin Harris (CDU) wurde es zu bunt, er ging ans Rednerpult: »Herr Wasiliew, Herr Lachmann, Herr Amann, Ihre Taktik wird nicht aufgehen.« Die drei würden versuchen, einen Antrag zu verwässern, der sich klar gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus richte. Er fragte, wo sie waren, als Büdingen im November der Opfer des Nationalsozialismus gedachte. »Da haben Sie sich schön zurückgehalten.« Nun werde versucht, das Ansinnen der Stadtverordneten für eigene politische Zwecke zu missbrauchen. »Pfui« schloss Harris unter Applaus. »Der Wolf im Schafspelz kommt wieder raus«, sagte Boris Winter (SPD) zu Robert Wasiliew.

»Ich wäre bei der Resolution auch dabei gewesen«, erklärte der fraktionslose Abgeordnete Maximilian Klein während der Debatte. Man habe ihn aber nicht gefragt. Mit großer Mehrheit lehnte das Büdinger Parlament die Ergänzungsanträge der Rechten ab und beschloss die Resolution.

Kritische Fragen zum Verein »Mitmischen - Demokratie leben!« stellte der fraktionslose Jochen Amann in der Stadtverordnetenversammlung. So wollte er wissen, wieso der Verein »immer noch« das Lehrerprojekt »Reeducation« (Umerziehung) verfolge, was auf das Potsdamer Abkommen zurückgehe. Zudem führte er den »Beutelsbacher Konsens« an, wonach Lehrer ihren Schülern bei der politischen Bildung nicht ihre Meinung aufzwingen sollten. Erste Stadträtin Katja Euler (SPD) widersprach ihm: Es gebe weder ein Programm »Reeducation« noch würden deutsche Schüler »umerzogen«. Womöglich sei ihm entgangen, dass Deutschland nicht mehr von den Alliierten besetzt ist. Sieglinde Huxhorn-Engler (SPD) betonte: »Politische Bildung ist keine Umerziehung.« Sie zitierte Alexander Jehn, den Direktor der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung: »Der Einsatz für Freiheit und Demokratie ist nie neutral, sondern muss engagiert und politisch pointiert sein.« Das Mittel des Einsatzes sei das Argument und der Abgleich der jeweiligen Argumente. »Jedoch dient dieser Einsatz für die Demokratie niemals parteipolitischen Interessen, sondern einzig und allein der Wahrung der Werteordnung unseres Grundgesetzes.« Die Partei des politischen Bildners sei das Grundgesetz. VON PETRA IHM-FAHLE



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