. Es war schon ein ungewöhnlicher Anblick, als vor Kurzem wieder ein Zug auf der Bahnstrecke Lollar-Mainzlar rollte. Seit die Hessische Landesbahn (HLB Basis AG) nicht nur diese Teilstrecke für den Güterverkehr, sondern den kompletten Gleisverlauf der Strecke Lollar-Londorf 2022 von der Deutschen Bahn erworben hat, mehren sich die Zeichen, dass hier auch bald der Personennahverkehr wieder fahren könnte. Schon seit Stilllegung der als Lumdatalbahn bekannten Strecke im Jahr 1981 setzen sich Akteure vor Ort für deren Wiederinbetriebnahme ein - allen voran der Verein Lumdatalbahn.
Noch bis 2016 rollte der Schienengüterverkehr bis zum Mainzlarer Werk der RHI Magnesita GmbH. Nachdem die eigentlich geplante Schließung des Werks abgewendet werden konnte, soll dieser Schienengüterverkehr wieder eingesetzt werden. Das war übrigens eine Grundvoraussetzung für den Erhalt des Standorts. Die Kosten für die Wiederinbetriebnahme der Strecke betragen rund 1,3 Millionen Euro. Davon fördert das Land Hessen 1,2 Millionen, während sich der Landkreis Gießen und die Stadt Staufenberg mit rund 100 000 Euro beteiligen.
Instandhaltung abgeschlossen
Wie nun Peter Runge (Prokurist und Leiter Markt und Fahrgast, HLB) auf Nachfrage des Anzeigers mitteilte, habe die HLB im vergangenen Jahr alle Instandhaltungsarbeiten planmäßig abgeschlossen. Die RHI Magnesita könne damit den Schienengüterverkehr jederzeit wieder aufnehmen, wenn die Voraussetzungen durch Umbau und Erneuerung der im Werksgelände ebenfalls notwendigen Maßnahmen abgeschlossen seien.
»Die Planungen für eine Reaktivierung des Schienenpersonennahverkehrs von Londorf bis Lollar wurden Anfang 2024 aufgenommen. Die Voraussetzungen, die hierfür erforderlich sind, gehen aber weit über die bislang vorliegenden Machbarkeitsstudien hinaus. Derzeit befinden sich die Planungen in der notwendigen Grundlagenermittlung. Dazu gehören die Bestandsanalyse und die Festlegung der inhaltlichen Rahmenbedingungen«, so Runge weiter.
Zwischenzeitlich hat auch die Politik in Berlin die Voraussetzungen für die Reaktivierung kleinerer Strecken angepasst und geht nicht mehr nur vom rein finanziellen Aspekt bei Kosten und Nutzen aus, sondern es sollen auch Aspekte wie die Daseinsfürsorge, gerade mit Blick auf die Entwicklung des ländlichen Raums, berücksichtigt werden. Werden sich diese aktualisierten Richtlinien nun auch positiv auf das Vorhaben Lumdatalbahn auswirken? Peter Runge sieht das durchaus so. »Wir können davon ausgehen, dass die mittlerweile veränderten Verfahren zur Wirtschaftlichkeitsberechnung im Rahmen der Standardisierten Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen im öffentlichen Personennahverkehr für die Realisierbarkeit des Projektes Lumdatalbahn positive Auswirkungen haben werden.« Da die Untersuchungen derzeit aber noch ganz am Anfang stehen, könne man zum Ergebnis zum jetzigen Zeitpunkt noch keine belastbare Prognose treffen. Im aktuellen Projektstand liege noch keine detaillierte Kostenschätzung vor. Auch Art und Umfang möglicher Förderumfänge seien zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzbar. Beabsichtigt sei auf jeden Fall unter anderem. die Inanspruchnahme von Fördermitteln aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG).
Der frühere hessische Wirtschaftsminister, Tarek Al-Wazir (Grüne), hatte in Berlin bereits Fördermittel angemeldet, diese mit Beginn 2025. Zuletzt wurden die Kosten auf rund 26 Millionen Euro geschätzt, die vom Bund zu 90 Prozent gefördert werden könnten. »Das Land Hessen hat die Planungsvereinbarung mit der HLB Basis AG am 23. Juni 2023 unterzeichnet. Seit diesem Zeitpunkt beziehungsweise nach Durchführung der entsprechenden Vergabeverfahren befindet sich die Reaktivierung der Lumdatalbahn für den Personennahverkehr in der weiteren Planung«, so Amrei Pfeiffer (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum). Mit der neuen Koalitionsbildung in Wiesbaden hat nun Kaweh Mansoori (SPD) den Ministerposten inne. Bei der HLB, so Runge, habe man den Eindruck, dass auch in der neuen Koalition ein großes Interesse an der Umsetzung dieses Projektes bestehe. »Die Entscheidungsfindung - daran besteht unsererseits kein Zweifel - wird auf jeden Fall fundiert unterstützt und vorbereitet.«
Nicht nur der eingangs erwähnte rollende Zug wurde im Lumdatal bemerkt. Auch am Gleiskörper sah man immer wieder jemanden werkeln. Der HLB-Sprecher betonte, dass man hier zwischen dem Güterverkehr und dem Personennahverkehr unterscheiden müsse. »Die Arbeiten an den Gleisen und den Bahnübergängen wurden im Rahmen der Reaktivierung für den Güterverkehr (Abschnitt Lollar-Mainzlar) notwendig, sind aber noch keine Arbeiten im Vorgriff auf eine Reaktivierung des Personenverkehrs. Der Inhalt und die Art der Arbeiten für die Reaktivierung der gesamten Strecke für den Schienenpersonennahverkehr sind Teil der Planungen, die im Februar 2024 begonnen wurden.«
Schnellstmöglich gewünscht
Selbstverständlich wünsche man sich »eine schnellstmögliche Reaktivierung und wir werden alles daransetzten, dass auch die Wiederaufnahme des SPNV im Lumdatal schnellstmöglich erfolgt«, blickt man bei der HLB zuversichtlich nach vorne, räumt aber auch ein, dass dafür jedoch umfangreiche Planungen notwendig seien. »Die Finanzierung muss geklärt sein und es muss eine Genehmigung im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens vorliegen. Deshalb wird es noch geraume Zeit dauern, bis die Bauarbeiten starten können.«