13. November 2020, 21:40 Uhr

Mehrjährige Haftstrafe

Waffen- und Drogen-Dealer schrieb kuriose Kurznachrichten

Ein 40-jähriger Pohlheimer muss ins Gefängnis, weil er mit Maschinenpistolen und Drogen gehandelt hat. Um seine Kunden zu infornieren, dass die Ware da ist, schrieb er kuriose Kurznachrichten.
13. November 2020, 21:40 Uhr
Stefan_Schaal
Von Stefan Schaal

Die Makkaroni sind fertig«: Mit solchen Kurznachrichten hat ein Waffenhändler aus Pohlheim seinen Kunden berichtet, dass Maschinenpistolen abholbereit sind. Nun muss der 40 Jahre alte Mann, der auch mit Drogen gedealt hat, ins Gefängnis.

Die Zweite Strafkammer des Gießener Landgerichts verurteilte ihn am Freitag zu einer Haftstrafe von vier Jahren und zehn Monaten. Der Vorsitzende Richter Jost Holtzmann sprach von einer milden Strafe angesichts der Gefahr des Handels mit Kriegswaffen.

Angst nach dem Attentat in Hanau

Einmal, Anfang dieses Jahres, bekam es der Angeklagte denn auch mit der Angst zu tun. Eine Waffe habe er auch an einen Hanauer verkauft. Als wenig später im Februar ein Attentäter in Hanau zehn Menschen erschoss, geriet der Pohlheimer in Panik, sich dort möglicherweise mitschuldig gemacht zu haben. Erst später stellte sich heraus, dass sein Kunde in keinem Zusammenhang mit dem Hanauer Täter stand. »Trotz Ihrer Befürchtungen und Ihrer Bedenken haben Sie aber mit Ihren Geschäften weiter gemacht«, warf ihm Richter Holtzmann in seiner Urteilsbegründung vor.

Mildere Strafe wegen Drogensucht

Der Pohlheimer dealte aufgrund seiner eigenen Kokainabhängigkeit mit Waffen sowie mit Marihuana. »Sie waren dabei, die Kontrolle über sich zu verlieren«, sagte Holtzmann. »Sie waren eine verzweifelte Person, die versucht hat, Geld zu beschaffen.« Nur aufgrund der Drogensucht wurde der Mann zu der recht milden Strafe verurteilt. »Wären Sie nicht in dieser schwierigen Situation gewesen, wären es sieben, acht Jahre Gefängnis geworden«, sagte der Richter.

Der Angeklagte wird nach elf Monaten Gefängnis in einer Erziehungsanstalt untergebracht, ihm wurde außerdem eine Suchttherapie verordnet. Im Drogenwahn hatte er einmal seine Frau angegriffen und ihre Haare in Brand gesteckt, danach war er zeitweise in einer Psychiatrie gelandet.

Wohnungsdurchsuchung liefert Beweise

Das Gericht wies ihm den Handel unter anderem mit Uzis und Skorpion-Maschinenpistolen nach. Zu den meisten Taten schwieg der Angeklagte. Ermittler hatten allerdings in mehreren Wohnungen des Angeklagten Waffen sichergestellt und hatten Gespräche des Pohlheimers mit einem Komplizen abgehört.

Bei einer Durchsuchung der Wohnung der Frau des Angeklagten fand die Polizei in der Küche eine Pappschachtel mit Munition und auf dem Kühlschrank eine weitere Schachtel mit einer Pistole. Kinder in der Wohnung erklärten den Beamten, sie hätten keine Ahnung, woher die Waffe stammte. Während der Gerichtsverhandlung kam heraus, dass ein Kunde, der sechs Maschinenpistolen bei dem Pohlheimer bestellt hatte, eine der Waffen als defekt beanstandet hatte - und diese schließlich in der Küche der von ihm inzwischen getrennt lebenden Frau herumlag.

Käufer stirbt bei Fluchtversuch

Der Angeklagte erwarb die Waffen im März und im April dieses Jahres in Nordrhein-Westfalen und verkaufte sie unter anderem in Londorf. Auch ein 27 Jahre alter Langgönser war unter seinen Kunden, Die Ermittler kamen auf die Spur des Käufers, erwischten ihn auf frischer Tat und verfolgten ihn. Der Langgönser flüchtete, kollidierte an der Autobahnauffahrt in Münzenberg mit einem Zivilfahrzeug der Polizei und starb nach dem Unfall.

Der Pohlheimer Waffenhändler hat auch seinem Sohn Marihuana im Wert von 1315 Euro verkauft. Dieser hatte seinen Vater darum gebeten, um die Drogen selbst als Dealer verticken zu können. Diese Tat gestand der Angeklagte, nachdem er mit eigenen Chat-Verläufen konfrontiert worden war, in denen die Drogendeals genannt wurden.

Die Staatsanwaltschaft hatte fünf Jahre und sechs Monate Gefängnis gefordert. Die Verteidigung hatte auf eine Strafe in Höhe von zwei Jahren und acht Monaten plädiert.

Personalmangel bei der Polizei durch Corona

Der Gerichtsprozess brachte auch zutage, dass die Corona-Pandemie der Polizei schwer zu schaffen macht. Als die Polizei die Wohnungen des Angeklagten durchsuchte, fuhr sie nacheinander die Orte ab. In aller Regel führen die Ermittler derartige Aktionen gleichzeitig durch - auch um zu verhindern, dass Täter sich untereinander absprechen und warnen. Auch ungewöhnlich: Nach einem richterlichen Eilbeschluss hatten die Beamten bis zum nächsten Morgen auf Experten des Sondereinsatzkommandos gewartet. Der Polizei habe zu dem Zeitpunkt nur ein Drittel des Personals zur Verfügung gestanden, erklärte der Vorsitzende Richter.



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