21. Februar 2025, 19:22 Uhr

Serie »Bauen auf dem Land«

Gemeinde Reiskirchen hat Erweiterungsmöglichkeiten

Aktuell plant die Gemeinde mehrere größere Baugebiete. Eine lange Geschichte hat dabei das Plangebiet »Sandweg/In der Beune« in Burkhardsfelden.
21. Februar 2025, 19:22 Uhr
SOW
Dietmar Kromm

Reiskirchen . Acht Ortschaften bilden die Großgemeinde Reiskirchen. Gegründet wurde die Gemeinde im Zuge der Gebietsreform in den 1970er Jahren. Zunächst hatten sich die Dörfer Reiskirchen, Saasen/Bollnbach, Hattenrod und Winnerod am ersten Januar 1971 zusammengeschlossen. Am 1. April 1972 kam Burkhardsfelden hinzu.

Schließlich wurden am 1. Januar 1977 die letzten drei Ortsteile Bersrod, Ettingshausen und Lindenstruth eingegliedert. Ganze 10 892 Menschen leben laut Gemeindehomepage in Reiskirchen. »Jetzt sind es eigentlich nur noch 10 250, nach den aktuellen Zahlen des Zensus«, meint Bürgermeister Dietmar Kromm (parteilos) im Gespräch mit dem Gießener Anzeiger. Bis in die 1990er Jahre hatte Reiskirchen stark an Einwohnern zugenommen. »In allen Ortsteilen wurden Baugebiete auswiesen.«

Größter B-Plan im kleinsten Ortsteil

Es ist eine lange Liste, die der Bürgermeister für jeden Ortsteil aufzählt. Insgesamt sind es 67 Bebauungspläne, inklusive Änderungen, die seit den 1960er Jahren auf den Weg gebracht wurden. »Der mit Abstand größte Bebauungsplan mit rund einer Million Quadratmetern Fläche wurde im Jahre 1994 aufgestellt - für den Bau des Golfplatzes Winnerod«, sagt Kromm. Damals war es landesweit eine der größten Anlagen. Eröffnet wurde der Golfplatz dann 1997.

Größere Baugebiete wurden ab den 2000er Jahren immer weniger ausgewiesen. »Meist waren es kleine, vorhabenbezogene Bebauungspläne, die in der jüngeren Vergangenheit realisiert werden konnten.

»Ein Glücksfall war beispielsweise die Entwicklung der alten Sportplatzfläche in Reiskirchen«, so der Bürgermeister. Dort hätten noch vor der Corona-Pandemie 23 Bauplätze innerorts geschaffen werden können, die sehr schnell Abnehmer gefunden hätten.

Generell habe man in allen Ortsteilen die Möglichkeiten zur Nach- und Innenverdichtung so weit wie möglich genutzt.

Aktuell plant die Gemeinde mehrere größere Baugebiete. Eine lange Geschichte hat dabei das Plangebiet »Sandweg/In der Beune« in Burkhardsfelden. »Das ist ein spezieller Fall mit einer besonderen Entwässerungsproblematik«, erklärt Kromm. Vorplanungen zu dem Baugebiet gab es bereits vor Kromms Amtszeit, der seit 2013 Bürgermeister von Reiskirchen ist und das Amt Mitte nächsten Monats an seinen Nachfolger Tobias Breidenbach übergeben wird.

2008 wurde die Aufstellung des B-Plans für die rund 40 Bauplätze auf den rund 3,7 Hektar im Süden des Ortsteils beschlossen.

Damals wurde ein Vertrag über »Bodenbevorratung« mit der Hessischen Landesgesellschaft geschlossen, der in Kromms Amtszeit wieder aufgelöst wurde. »Nähere Planungen zu dem Gebiet konnten erst wieder aufgenommen werden, nachdem die Kreisstraße saniert worden war und infolgedessen auch die Leitungen und Kanäle ertüchtigt wurden.« In 2019 seien die Planungen dann wieder konkretisiert worden.

Die Themen Entwässerung und Artenschutz hätten mehrfach bearbeitet werden müssen. »Die Möglichkeiten, dort bauen zu können werden sicher nächstes oder übernächstes Jahr gegeben sein«, meint Kromm. Man verhandle derzeit über den städtebaulichen Vertrag mit dem Entwickler.

Auch an den Planungen des Baugebietes »Alte Straße« in Lindenstruth sei man noch dran. »Die Fragestellungen dort sind noch komplexer als bei der Beune«, so der Bürgermeister. Hier sind 51 Bauplätze am Ortsrand unterhalb der Firma Weiss-Technik bis zur Bahnlinie geplant.

Zwar sei dort das Thema Entwässerung kein Problem, aber man habe dort möglicherweise ein Problem mit Lärm durch die nahe Bahn und den großen Betrieb nördlich des Planungsraumes. Zudem sei dort eine Fläche für einen Kindergarten vorgesehen. »Das Lärmgutachten liegt bereits vor, die Ergebnisse konnten aber bislang nicht mit dem Entwickler besprochen werden.«

Planungsvorhaben Nummer drei ist ein Bauvorhaben in Winnerod. Auch dieses hat eine wechselvolle Geschichte. »Hier geht es weniger um Eigenentwicklung, als vielmehr um eine zeitgemäße Anpassung für den Betrieb des Golfplatzes«, erklärt Kromm.

So soll dort ein Caravan-Stellplatz und mehrere Ferienhäuser errichtet werden. Nach einigen rechtlichen Querelen mit einem Grundstückseigentümer, die mittlerweile geklärt seien, gehe es jetzt in die Abstimmung mit dem Entwickler.

Ein großes Thema für Reiskirchen, wenn auch nicht in Gemeindeverantwortung liegend, ist die geplante Umgehungsstraße der B49 zwischen Reiskirchen und Lindenstruth. Geplant ist diese Straße seit Jahrzehnten. »Wir haben allerdings jetzt endlich Baurecht, höchstrichterlich zugesprochen«, sagt Kromm. Er habe sich in beiden Amtszeiten intensiv für die Straße eingesetzt, damit Reiskirchen und Lindenstruth endlich Entlastung vom Durchgangsverkehr finden.

Umgehungsstraße schafft Entwicklung

»Ist die Straße gebaut, wird auch entwicklungstechnisch in den beiden betroffenen Ortsteilen wieder mehr möglich sein«, ist Kromm überzeugt. Man habe so lange für die Straße gegen alle Widerstände gekämpft. Sogar einen eindeutigen Bürgerentscheid habe es 2009 gegeben. Derzeit liege es am Bund, dass die Mittel bereitgestellt würden. »Meine Hoffnung ist, dass diese nach der Bundestagswahl auch kommen werden.«

Thema Gewerbeflächen: Diese gibt es in Reiskirchen im Norden und Osten, dazu kommen Gebiete in Lindenstruth und Ettingshausen. »Erweiterungsmöglichkeiten haben wir noch in Reiskirchen-Nord«, sagte Kromm. Diese wolle man auch unbedingt entwickeln, gerade um heimischen Betrieben, die sich vergrößern möchten, entsprechende Möglichkeiten zu bieten.

»Reiskirchen sei eine lebens- und liebenswerte Gemeinde«, ist der Bürgermeister überzeugt. Die Verkehrslage sei hervorragend und auch die Versorgung vor Ort sei gewährleistet. Natürlich gebe es nicht mehr in jedem Ortsteil einen Metzger oder einen Lebensmittelhändler, »das hat sich alles viel mehr zentralisiert«, stellt Kromm fest. Aber die Leute stimmten ja letztlich auch »zu Fuß« ab. Kleine Läden könnten sich nicht halten, wenn dort nicht genug eingekauft und nicht genügend Umsatz generiert werde.

Reiskirchen wird laut aktuellem Demografie-Atlas die nächsten Jahre noch leicht wachsen, vor allem wenn die geplanten Baugebiete erschlossen werden. Die Ausgaben, die eine Gemeinde für Infrastruktur und Versorgung bereitstellen muss, werden hingegen nicht weniger.

Ein gesundes Wachstum müsse es also geben. Und Reiskirchen habe für Wachstum auf jeden Fall noch Potenzial.



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