23. Februar 2024, 19:26 Uhr

Selbstbedienungskassen

Einzelhandel setzt auf neue Technik

Im Supermarkt scannen immer mehr Kunden ihre Waren selbst. An den Selbstbediener-Kassen scheiden sich jedoch die Geister: Die Gewerkschaft sieht die Entwicklung kritisch.
23. Februar 2024, 19:26 Uhr
KLAK
Gerne ist Rewe-Mitarbeiterin Stephanie Scheerer-Malz bei Fragen am Self-Checkout-Kassensystem für die Kunden in Großen-Buseck da. Foto: Kächler

. »Piep«: Immer häufiger scannen die Kunden im Supermarkt ihre Waren selbst. An den Selbstbediener-Kassen scheiden sich jedoch die Geister: Manche freuen sich, weil es oft schneller geht. Andere wiederum scheuen sich, die Scanner zu benutzen. Der persönliche Kontakt mit den Mitarbeitern an der Kasse ist ihnen einfach wichtig. Zudem befürchten einige, dass sie etwas falsch machen und dafür zur Rechenschaft gezogen werden könnten.

In Großbritannien und den USA wiederum bauen die Handelsketten ihre flächendeckenden Selbstbedienungskassen wieder ab, weil dort die Ladendiebstähle auf Rekordhöhen steigen. Dennoch setzen hierzulande immer mehr Märkte auf SB-Kassen - auch im Kreis Gießen. Im Lebensmitteleinzelhandel sind Rewe und Edeka die Vorreiter.

Bei Rewe heißen die Selbstbedienungskassen »Scan&Go« und sind unter anderem in den Märkten in Linden, Großen-Buseck, Reiskirchen sowie im Rewe Center in Gießen im Einsatz.

»Unsere Kunden sind ehrlich«, lobt Gabriel Uras vom Rewe-Markt in Großen-Buseck sein Klientel. Seit gut einem Jahr sind in seinem Markt drei »Scan&Go«-Kassen im Einsatz. Hinzu kommen noch etwa 40 Handscanner, mit denen man direkt beim Gang durch die Regale die Waren einbuchen kann. »Hin und wieder führen wir stichprobenartig Warenkorbprüfungen durch, doch die Zahl der Produkte, die versehentlich vergessen wurden, zu scannen, ist verschwindend gering«, so der Rewe-Marktleiter.

Ohnehin könne man nur »auschecken«, wenn man den Quittungs-Bon am Scanner vor der Schranke einlese.

»Am Anfang waren vor allem ältere Kunden skeptisch, doch mittlerweile wird die neue Technik quer durch alle Generationen sehr gut angenommen«, schildert er. Rund 20 Prozent des Umsatzes laufe inzwischen über »Scan&Go«.

Zur Motivation der Nutzer sagt Uras: »Mit den SB-Kassen ist es oft möglich, die lästige Wartezeit am Schluss des Einkaufs zu verkürzen.« Nicht zu unterschätzen sei aber auch, dass viele Kunden Spaß daran hätten, ihre Waren selber einzuscannen.

Wie Anja Loewe, Leiterin Unternehmenskommunikation Region Mitte bei der Rewe Group, gegenüber dem Anzeiger erläutert, würden die Unternehmen beziehungsweise die selbstständigen Rewe-Kaufleute eigenständig über die Installation von Selbstbedienungskassen zusätzlich zu den bisherigen Kassen entscheiden. Dies geschehe standortspezifisch.

»Die modernen SB-Kassen stellen einen zusätzlichen Service ohne Zwang zur Nutzung dar. Denn die Kunden können weiter zwischen bedienten oder selbst bedienten Kassen wählen«, betont Loewe.

Seit September 2010 seien bis dato über 460 von bundesweit 3700 Rewe-Märkten und über 230 der 2150 Penny-Märkte mit Selbstbedienungskassen ausgestattet worden. Überall verzeichne man steigende Nutzerzahlen.

»Alle Märkte mit stationären Self-Scanning-Kassen auszustatten, ist aktuell weder geplant, noch sinnvoll«, machte die Sprecherin deutlich.

Auch Edeka will die Anzahl der sogenannten Self-Checkout-Kassensysteme ausweiten, die klassischen mit Personal besetzten Kassen aber weiterbehalten.

Derzeit gibt es deutschlandweit schätzungsweise mehr als 16 000 SB-Kassen. Rewe (mit Penny) und Edeka haben allein schon jeweils etwa 700 Märkte entsprechend ausgestattet und auch Aldi Süd setzt seit Anfang 2023 vermehrt auf SB-Kassen.

»Mittel- und langfristig gehen durch den Einsatz der neuen Technik Arbeitsplätze im Kassenbereich verloren, da zur Kontrolle und zur Unterstützung an den SB-Kassenblöcken weniger Personal benötigt wird«, sieht Marcel Schäuble, Landesbezirksfachbereichsleiter Handel beim Verdi-Landesbezirk Hessen, die Entwicklung kritisch.

Der Gewerkschafter befürchtet, dass die Unternehmen die natürliche Fluktuation bei den Mitarbeitern nutzen, um schleichend Personal auszudünnen.

Dies führe dann zu weiteren Flexibilisierungen, was bedeute, dass etwa Verkaufspersonal im Kassenbereich oder Kassenpersonal im Verkauf eingesetzt werde.

Da die Prozesse »schleichend« und Zug um Zug gestaltet durchgeführt würden, könne das ganze Ausmaß dieser Entwicklung vermutlich erst im Nachgang realisiert und nicht sofort erkannt werden.

Gabriel Uras geht davon aus, dass »keine Mitarbeiter eingespart« werden. »Ich brauche die Leute an anderer Stelle, um den Service für die Kunden weiter zu verbessern.« Dazu zählten unter anderem Kundenberatung, Aktionsaufbauten, Verkaufseventplanung, Sortimentspflege und Frischekontrollen.

Von der Rewe-Group heißt es dazu: »Die klassischen Kassen, bei denen Mitarbeitende die Artikel scannen und kassieren, werden noch sehr lange Zeit Bestand haben.«



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