04. Mai 2025, 19:24 Uhr

Savior

Bei Unfällen in unwegsamen Gelände und Katastrophen rückt dieser Rettungswagen aus Buseck aus

Medizinische Notfälle ereignen sich auch abseits asphaltierter Straßen - oder wenn diese durch Unwetter zerstört sind. Die Johanniter haben in Buseck einen speziellen Rettungswagen stationiert, der in solchen Fällen zum Einsatz kommt: der Savior.
04. Mai 2025, 19:24 Uhr
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Dank eines speziellen Einschubs lässt sich die Trage absenken.

Ein Pilzsammler ist mitten im Wald gestürzt, hat sich das Bein gebrochen. Aufgrund des feuchten Wetters und des schlechten Zustands der Waldwege kommt der normale Rettungswagen (RTW) nur bis zum Waldrand. Bleibt also nur der lange dauernde Transport auf der Krankentrage über viele hundert Meter zu Fuß? Im Landkreis Gießen gibt es ein Einsatzfahrzeug, was genau in solch einem Fall helfen kann: der Savior.

Dabei handelt es sich um einen hochgeländegängigen Rettungswagen. Stationiert ist er im Hauptquartier des Regionalverbandes der Johanniter in Mittelhessen in Großen-Buseck. Alexander Schunk, Ausbildungsleiter Rettungsdienst, ist mit ihm bereits einige Male in Dienst gewesen.

In seinem ersten Leben war der Savior bei der Bundeswehr als Rettungswagen im Einsatz. Überbleibsel aus dieser Zeit sind die Ausstiegsluke im Dach sowie die Möglichkeit, das Armaturenbrett mit einem Lederlappen zu verdunkeln. Als die Bundeswehr das 2008 zugelassene Fahrzeug zurückgab, setzte ihn der Hersteller als Ausstellungsstück auf Rettungsmessen ein - wo die Johanniter auf ihn aufmerksam wurden.

Damals zeichnete sich ab, dass sie einen Sanitätsdienst während der Räumung des Dannenröder Forstes leisten sollen, um etwaige verletzte Polizisten und Baumbesetzer zu versorgen. Mit einem normalen Rettungswagen wäre man nicht mitten in den Wald hineingekommen. Für den Savior stellten die Waldwege hingegen dank Stollenbereifung und hoher Bodenfreiheit kein Hindernis dar.

Seinen größten Einsatz erlebte der Gelände-RTW jedoch 2021, als die Unwetterkatastrophe im Ahrtal Straßen zerstörte und Orte komplett von der medizinischen Versorgung abschnitt. Über Wochen war er dort im Einsatz, um Verletzte zu versorgen und zu transportieren.

Um für solche Einsätze zu trainieren, üben die Fahrer regelmäßig, zum Beispiel auf der Motocrossstrecke in Beuern - und fahren dabei die gleichen Wege wie die Biker. »Wobei es schon ein komisches Gefühl ist, wenn man einen Hügel bergauf fährt und durch die Frontscheibe nur den Himmel sieht«, gibt Schunk zu. In solch einem Fall braucht es Fingerspitzengefühl für das Differenzialgetriebe.

Im Inneren sieht es hingegen genauso wie in einem normalen RTW aus - nur das der Kofferaufbau ein bisschen mehr Platz bietet. Absauger und Defibrillator, Verbandmaterial und Infusionspacks liegen an den gleichen Stellen, in den gleichen Schränken wie in jedem anderen mittelhessischen Rettungswagen auch. »Standardisierung ist im Rettungsdienst enorm wichtig, damit sich jeder zurechtfindet«, sagt Schunk. Die Schubladen sind zudem farbig beschriftet, blau steht beispielsweise für alles, was mit dem Thema Atmung zu tun hat.

Die Halterung der Krankentrage ist speziell gefedert. Im Zusammenspiel mit der Fahrzeugfederung ist so ein schonender Patiententransport auch aus unwegsamem Gelände möglich.

»Die entscheidenden Vorteile sind die Zeit und die Sicherheit,« erklärt der Ausbildungsleiter Rettungsdienst. Zwar könnte man einen Verletzten auch mit der Trage aus einem Waldgebiet herausbringen. Um einen 80 Kilogramm schweren Patienten über einen Kilometer Strecke zu tragen, bräuchte man eine Vielzahl an Helfern, die sich abwechseln. Außerdem kostet der Transport in langsamer Schrittgeschwindigkeit enorm viel Zeit. Für eine gute Heilung ist es jedoch wichtig, dass ein Patient spätestens eine Stunde nach dem Unfall im Krankenhaus eintrifft und behandelt werden kann - man spricht von der »Golden Hour of shock«. »Da spart der Savior deutlich Transportzeit ein.«

Das Sonderfahrzeug wird genauso wie beispielsweise ein Schwerlastkrankenwagen im Einsatzfall mit Personal besetzt, ist tagsüber unter der Woche nach maximal zehn Minuten ausrückebereit, nachts und an Wochenenden kann es etwas länger dauern. Da in seiner direkten Nachbarschaft nun allerdings eine neue Rettungswache entsteht, dürfte sich diese Zeit demnächst verkürzen.

»Es lohnt sich, ihn bei Großschadenslagen frühzeitig anzufordern, dann sind wir auch zeitnah an der Unfallstelle«, sagt Schunk. Beispielsweise bei Waldbränden, bei denen Feuerwehrleute in unwegsamem Gelände sich verletzen könnten. Oder nach Unwettern, wenn Straßen und Wege nicht mehr ohne Weiteres passierbar sind. Alles Dinge, die auch schon Orte im Landkreis Gießen getroffen haben. Das Land Hessen rüstet darum nun auch in diesem Bereich auf. Die Johanniter in Buseck sind jetzt schon für solche Lagen vorbereitet.

Sein nächster geplanter Einsatz steht übrigens auch schon fest: Beim Pfingstmotocross in Beuern. Die Strecke kennen die RTW-Fahrer ja schon gut.



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